Reuters

HSBC-Chef Quinn kündigt überraschend Rücktritt an

30.04.2024
um 12:47 Uhr

Hongkong (Reuters) - Die britische Großbank HSBC verliert überraschend ihren Konzernchef. Bankchef Noel Quinn werde nach fast fünf Jahren an der Spitze des Geldhauses zurücktreten, teilte HSBC am Dienstag mit. Bis ein Nachfolger gefunden sei, werde Quinn Konzernchef bleiben. Er sei bereit, bis zum Ende seiner Kündigungsfrist, die bis zum 30. April 2025 läuft, den Übergang zu unterstützen. "Nach fünf intensiven Jahren ist für mich jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, um ein besseres Gleichgewicht zwischen meinem Privat- und Geschäftsleben zu finden", erklärte Quinn. Wichtigster interner Kandidat für seinen Posten ist die Nummer zwei des Geldhauses, Finanzchef Georges Elhedery.

Er sei persönlich bereit für einen Wechsel, sagte Quinn in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. "Es ist auch ein natürlicher Wendepunkt für die Bank, da sie sich dem Ende der derzeitigen Transformationsphase nähert". Das sei ein idealer Zeitpunkt, um mit einer neuen Führung die Bank in den nächsten fünf Jahren voranzubringen. HSBC-Verwaltungsratschef Mark Tucker wollte sich zu möglichen Nachfolgekandidaten nicht äußern. Die Suche soll im zweiten Halbjahr abgeschlossen sein. Dabei will HSBC interne und externe Kandidaten prüfen.

Quinn kam 1987 zur HSBC und wurde im März 2020 Vorstandsvorsitzender der Bank, als die Corona-Pandemie sich mehr und mehr ausbreitete und die Welt in Atem hielt. Sein Vorgänger John Flint musste nach weniger als zwei Jahren auf dem Chefsessel den Hut nehmen, als es unter ihm nicht gelang, den damaligen Kursrutsch der HSBC-Aktie aufzuhalten. Seit dem Amtsantritt Quinns hat die HSBC-Aktie dagegen rund 30 Prozent an Wert zugelegt.

AM RUDER IN SCHWIERIGER ZEIT

Unter Quinns Führung zog sich das Geldhaus aus einer Reihe unrentabler Märkte zurück und strich im Zuge des Umbaus tausende Stellen. Der 62-jährige gewann auch ein wichtiges Kräftemessen mit dem größten asiatischen Investor der Bank, der chinesischen Ping An Insurance. Die Gesellschaft hatte in einer mehrjährigen Kampagne HSBC dazu bringen wollen, das Asiengeschäft abzuspalten. Die Auseinandersetzung endete schließlich 2023 auf der Hauptversammlung mit einer Niederlage des Investors.

In der Amtszeit von Quinn verschärften sich allerdings auch die Spannungen zwischen dem Westen und China. HSBC wurde unter anderem von Politikern in den USA und Großbritannien vorgeworfen, die Bank hätte sich dem Druck Pekings widersetzen sollen, die Konten von pro-demokratischen Aktivisten in Hongkong einzufrieren. Die HSBC erklärte zu dem Zeitpunkt, sie halte sich lediglich an die lokalen Gesetze.

Für das erste Quartal 2024 wies HSBC einen Vorsteuergewinn von 12,7 Milliarden Dollar aus, nach 12,9 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum. HSBC kämpfte zuletzt mit steigenden Kosten aufgrund der Expansion in Asien. Im vergangenen Jahr hatte HSBC einen Rekordgewinn von 30 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Der Konzern mit Hauptsitz in London kündigte außerdem Aktienrückkäufe im Wert von drei Milliarden Dollar an. Diese sollen zu den bereits im Februar angekündigten zwei Milliarden Dollar hinzukommen. Für 2024 strebt HSBC weiterhin eine Eigenkapitalrendite in der Mitte zwischen zehn und 20 Prozent an. Der Nettozinsertrag im Bankgeschäft soll bei mindestens 41 Milliarden Dollar liegen.

(Bericht von Selena Li und Lawrence White, Bearbeitet von Sabine Wollrab, Frank Siebelt; Redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)