Anlagetrend KI: Warum eine Rezession Trendfördernd sein könnte!

29.06.2022
um 10:17 Uhr

Liebe Leser,

woran denken Sie, wenn Sie das Wort Rezession höheren? Inflation? Steigende Preise? Massenhafte Entlassungen, sinkende Gewinne und negatives Umsatzwachstum vielleicht? Es wird vermutlich nichts Positives dabei sein, wenn ich raten müsste. Stellen Sie sich aber vor, dass eine Rezession, so beunruhigend, gar beängstigend die Bedeutung dieses Wortes sein mag, auch positive Wirkung auf unsere Welt- und Wirtschaftsentwicklung haben könnte. Doch zunächst eine kleine Einführung und Paar Kommentare zum KI-Trend selbst, denn genau darum wird es heute gehen.

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Wie wir in den früheren Ausgaben schon oft festgestellt haben, hat die COVID-Pandemie den Digitalisierungstrend stark beschleunigt, sodass u.a. die Investitionen in den Ausbau von Cloud-Infrastrukturen enorm gestiegen sind. Dazu kamen der HomeOffice-Trend, der echte E-Commerce-Boom und eine Vielzahl von digitalen Entertainment-Arten, wie Streaming-TV, Gaming, Online-Gaming, Online-Dating, die verstärkte Nutzung der verschiedenen SocialMedia-Plattformen etc. Und genau dieser Digitalisierungsschwung setzte letztendlich die Rechenzentren der Welt stark unter Druck, sodass sie in manchen fällen an ihre Kapazitätsgrenze gelangten. Grund dafür war schlicht und einfach das globale Verlagern von gewöhnlichen Arbeits- und Entertainmentprozessen und -aktivitäten in die Cloud.

Das digitale Zeitalter hat damit begonnen. Und Grund dafür war ein Negativereignis namens COVID. Dies war ein Gamechanger, der sowohl die Verbraucher als auch Unternehmen und Regierungen dazu zwang, ihre Arbeitsprozesse ins Internet zu verlagern. Dann begann sich die Situation rund um die COVID-Pandemie zu entspannen, doch der Trend zur Digitalisierung blieb weiter erhalten und hat sich sogar verstärkt. Die Arbeitskräfte, die in den Genuss der HomeOffice-Arbeitsweise gekommen sind, kehren bspw. nur ungerne an ihre alte Office-Arbeitsplätze zurück. Und dies ist in der Tat ein Problem, wenn die Wirtschaft gedeihen soll. Die Unternehmen, die nicht unbedingt auf ein menschliches Personal angewiesen sind, haben dieses Problem erkannt und fangen an, den Arbeitskräftemangel via Digitalisierung zu umgehen.

Genau an dieser Stelle kommt die KI-Technologie ins Spiel, ohne die dieses Vorhaben ganz einfach nicht möglich wäre. Vielmehr müssen nun die Unternehmen eine mögliche Rezession Richtung 2023+ fürchten. Sollte es tatsächlich dazu kommen, so wäre ein weiterer Wirtschaftsabschwung unvermeidlich. Und da menschliche Mitarbeiter im 21. Jahrhundert eine der größten Kostenstellen in einem Unternehmen darstellen, ist ihre Entlassung im Fall einer Krise ebenfalls eine logische Sache. Und so gelangen wir zu der wichtigsten These, dass die Angst vor der Kommenden Rezession viele Unternehmen dazu bewegen wird, schon jetzt damit anzufangen, menschliche Arbeitskräfte, soweit es geht, durch deutlich günstigere, effektivere und zuverlässigere KI-Algorithmen zu ersetzen.

Das Ziel ist eine weitgehende Automation in Kombination mit einer kostengünstigen Belegschaft-Reduzierung. Denn, wenn die KI, oder ML (maschinelles Lernen) die gleiche Aufgabe genauso gut, oder besser als Menschen erledigen können, warum soll man dann nicht in den Ausbau der Cloud-Infrastruktur investieren wollen? Zumal Server auf lange Sicht kostengünstiger als Personalressourcen sind und das auf Basis der Tatsache, dass diese Technologie dank dem technologischen Fortschritt immer besser und beim Erwerb kostengünstiger wird.

Denken Sie nur an McDonald‘s (MCD) Computergesteuerte Automaten, oder die Bestell App. Dies ist wohl das einfachste Beispiel, den Job eines Arbeiters zu ersetzen. Und stellen sie sich nun vor, dass diese Bestellung rasch in einer computergesteuerten, automatisierten Küche landet, wo das Zubereiten der Malzeiten mithilfe von speziellen Robotern, immer gleich schnell und gleich lecker durchgeführt wird. Letztendlich könnte diese Automation dazu führen, dass sogar der zwischenmenschliche Kontakt in solchen FastFood-Restaurants überflüssig wird. Dabei sind es simple Aufgaben, die nicht einmal den Einsatz eines KI-Systems erfordern.

Deutlich interessanter wird es, wenn man einen Blick auf neuere und kompliziertere Technologien wirft. Digitalisierung selbst hat viele Trends geschaffen, doch das Wichtigste ist dabei, dass sie die Art der sozialen Kommunikation und des Informationskonsums verändert hat.
Denken Sie nur an Twitter, Facebook, Instagram, etc., aber auch an zahlreiche News-Online-Portale. Sie alle haben derzeit ein sehr großes gemeinsames Problem. Es ist die Notwendigkeit der Content-Moderation. Und da diese Aufgabe von ganz normalen Menschen durchgeführt wird, die sich zum größten Teil auf ihre subjektive Meinung verlassen, ist das Resultat trotzt aller Richtlinien eher bescheiden, was wir aber auch oft über die Nachrichten erfahren, sobald ein oder anderer Skandal aufflammt.

Daher würden Konzerne wie Meta Plattforms (META) bspw. gerne die riesige Anzahl von menschlichen Content-Moderatoren durch eine effektive KI ersetzen, was auch früher oder später in einer oder anderen Art passieren wird. Und der Anfang ist schon getan: META-KI-Algorithmen sind dabei ein Vorzeigebeispiel und sind derzeit schon in der Lage, rund 90 % des gesamten Inhalts selbstständig zu moderieren.

Über die Moderation von Inhalten hinaus nutzt Meta auch KI und ML auch für die Werbung, um bessere Anzeigen im Allgemeinen zu schalten, aber auch relevantere und bessere Inhalte, an bestimmte Zielgruppen zu adressieren. …Wir investieren erheblich in Investitionen in KI und maschinelles Lernen, um das Ranking und die Empfehlungen für Dinge wie Anzeigen, Reels und Feed zu verbessern. Und das trägt zur CapEx-Intensität des Geschäfts bei. Dabei glauben wir, dass man  erhebliche Investitionen in KI und maschinelles Lernen weiter tätigen muss, so Dave Wehner, Facebook-CFO im vergangenen Conference-Call.

Und so gelangen wir auch zu der ersten Übersicht der Trendprofiteure, wobei die kommende Rezession und die damit verbundenen Entlassungen, den Siegeszug des KI-Trends beschleunigen könnten. Wie wir bereits festgestellt haben, produzieren KI und ML nichts anderes als eine Art System-Antwort auf Basis einer Menge von Daten, die kontinuierlich gesammelt, strukturiert und analysiert werden. Und je größer die Datenmenge, desto genauer und zuverlässiger arbeitet auch eine KI oder ML. Folglich benötigt man eine sehr leistungsfähigere, zuverlässige, aber zugleich stromeffiziente Hardware-Infrastruktur als KI-Grundlage. Und an dieser Stelle kommt ganz klar der Chip-Hersteller Nvidia (NVDA) ins Spiel.

Das Unternehmen ist bekannt für seine hochmodernen GPUs. Im Rennen um die nächste fortschrittliche Grafik- oder Treiber-Beschleunigertechnologie ist Nvidia führend. Doch genau diese GPUs gehören zu einigen der besten Prozessoren für die Durchführung von AI/ML-Workloads. Und da Data-Center-Betreiber bei NVDA Schlange stehen, um an Top-Hardware ranzukommen, zeigt die NVDA-Data-Center-Sparte schon seit einigen Quartalen infolge, eine sehr hohe Wachstumsrate. Aus diesem Grund hat Nvidia auch einen Data-Center-Marktanteil für KI-Workloads von mehr als 80 %, wobei die Hardware-Nachfrage in den kommenden Jahren konstant hoch bleiben dürfte.


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Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass KI-Trend sehr eng mit anderen Zukunftstrends wie Cloud-Computing, Robotik, autonomes Fahren, aber auch Cybersecurity verbunden ist. Dabei werden für die Aufbewahrung und Analyse der Daten riesige Rechen- und Data-Storage-Center benötigt.

Sollte man sich also als Anleger für diese Investment- bzw. Trading-Variante entscheiden, so wäre der Blick in Richtung sog. Rechenzentren-Betreiber (REITs) wie Equinix (EQIX), Digital Realty (DLR) etc. genau richtig. Diese bauen riesige Datacenter auf, deren Kapazität anschließend an Konzerne wie Disney, Microsoft, Verizon, Meta Platforms etc. vermietet werden. An sich ist dies eine konservative und fast schon defensive Anlageart, die jedoch über eine durchaus interessante Wachstumsperspektive verfügt. Die Wachstumsstory, die sie im globalen Sinne begleitet, basiert auf dem steigenden Informationsfluss und der Data-Storage-Notwendigkeit infolge gleich mehrerer Zukunftstrends. Gleichzeitig zahlen diese Konzerne eine Dividende, die den einen oder anderen Anleger überzeugen könnte.


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Gesundheitswesen und Medikamentenforschung wandern aber ebenfalls verstärkt in die Cloud ab. Die Diagnostik von Erkrankungen ist ein Prozess, der primär auf dem Vergleich von statistischen Informationen mit dem persönlichen Krankheitsbild des jeweiligen Patienten und der ärztlichen Erfahrung basiert. Die Problematik liegt hier auf der Hand, denn nicht jeder Arzt verfügt über die gleiche bzw. notwendige Erfahrung und vollständige Informationen. Die ideale Lösung wäre natürlich eine global vernetzte Datenbank, in der jede Krankheitsakte für statistische Zwecke erfasst wäre.

Unter Verwendung von Algorithmen wäre eine KI dann zunächst in der Lage, die vorhandenen Informationen ausnahmslos zu scannen und dem behandelnden Arzt mögliche Diagnosen vorzuschlagen. Aber aufgrund der Tatsache, dass man mit jeder Arztentscheidung zu den jeweiligen Diagnosevorschlägen lernt, wäre das System in der Zukunft tatsächlich in der Lage, selbständig eine Diagnose durchzuführen und eine Behandlung vorzuschlagen. Eine sehr große Barriere, die es hier zunächst zu überwinden gilt, ist das Misstrauen von Patienten, die nicht immer bereit sind, ihre Daten freizugeben.

Deutlich einfacher ist die KI-Anwendung im Bereich der Medikamentenforschung, denn hier arbeitet die IT eng mit führenden Pharmakonzernen der Welt wie Amgen, AstraZeneca, Bayer, Merck, GSK, Pfizer etc. zusammen. Einer der Topprofiteure dieser Tendenz wäre bspw. Veeva Systems (VEEV). Das Unternehmen spezialisiert sich auf die Entwicklung von Cloud-Software-Lösungen, die im Rahmen der Medikamentenentwicklung eingesetzt werden. Mit Veeva Vault bietet der Konzern ein Content-Management-System an, um beispielsweise klinische Informationen aufzubereiten, zu dokumentieren oder Qualitätssicherungsmaßnahmen umzusetzen. Mit Veeva Commercial Nitro bietet man eine Next-Generation-Lösung für sekttorspezifisches Data-Warehousing, auf dessen Grundlage weitere KI- und Analytik-Lösungen entwickelt werden sollen. Das Ziel ist, eine beschleunigte Forschung und tiefere und v.a. schnellere Einblicke in das mögliche Geschäftspotenzial zu ermöglichen.


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Abschließend lässt sich anmerken, dass der KI-Trend sehr umfassend ist und sich im Rahmen einer TrendScout-Ausgabe nur bedingt zusammenfassen lässt. Was man aber in diesem Zusammenhang immer berücksichtigen muss, ist die Tatsache, dass es sich hierbei um eine disruptive Zukunftstechnologie handelt, die aktuell noch in sehr kleinen Kinderschuhen steckt. Dabei wird KI dank dem technologischen Fortschritt und der globalen Vernetzung in der einen oder anderen Form in beinahe jeden Aspekt des modernen Lebens und der globalen Wirtschaft eindringen und diesen Schritt für Schritt verändern. Und in diesem Sinne stellt eine mögliche Rezession, genauso wie die immer noch andauernde COVID-Pandemie eher eine interessante Chance als einen ausbremsenden Faktor dar.

Was Uns angeht, so favorisieren wir zu diesem Zeitpunkt eher die Aktie der Top-Hardware-Hersteller wie Nvidia (NVDA), Micron (MU), AMD (AMD) und Arista (ANET), die wir aber auch schon in den früheren Ausgaben ausführlich thematisiert haben. Genau sie sind dafür am besten positioniert, um zu den sog. Profiteiuren der ersten Stunde zu gehören, da auch die beste Software ohne einer leistungsstarken Hardware-Basis ganz einfach nicht funktionieren kann.