Anlagetrend Reopening/Segment Airlines: warum Delta Air Top-Pick sein könnte!

15.12.2022
um 09:08 Uhr

Liebe Leser,

die US-amerikanische Luftfahrtindustrie besteht aus Unternehmen, die eine Vielzahl von Lufttransport- und Reisedienstleistungen für Verbraucher und Fracht anbieten. Zu den Dienstleistungen gehören Flugtransport, Flugzeugleasing, Hotelbuchung, Autovermietung und Reisemanagement. Dabei befindet sich der gesamte Sektor sowie die Top-Airline-Stocks seit Anfang der COVID-Pandemie in einem stark angeschlagenen Zustand, was auf lange Sicht einige sehr interessante Entry-Chancen bietet. Eine negative Wirkung spielt hier auch die viel zu hohe Inflation und der bis zuletzt hoher Öl-Preis, die zu den höheren Kosten geführt haben.

Im Vordergrund steht hier die Reopening-typische Annahme, dass der Tourismustrend im kommenden Sommer deutlich stärker aufleben wird. Grund dafür ist die Tatsache, dass die gesamte Welt, bis auf die Ausnahme einiger Ländern wie China, es mittlerweile gelernt hat, mit der COVID-Pandemie zu leben. Lediglich China hält weiter an seiner Zero-COVID-Toleranz-Politik fest, was allerding schon bald aufgrund der aufgeflammten sozialen Unruhen bzgl. strenger Lockdowns schon bald ändern könnte. Anzunehmen ist hier die Situation, dass gerade im Sommer 2023 immer mehr Menschen sich in die Ferne via Flugzeug trauen werden.
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https://viz.traderfox.com/peer-group-tabelle/US02376R1023/LS/american-airlines-group-inc/aktien-21193-18936-19344-4865047-18848-2353680-19994

Was den Aufschwung jedoch ausbremsen könnte, sind einerseits die viel zu hohe Inflation, die in höhere Ticketpreise, mündet und andererseits der Kerosin-Preis, der seit Anfang des Russisch-Ukrainischen Konflikts in die Höhe geschnellt war und im Juni 2022 einen neuen Allzeithoch markierte. Grund dafür war hauptsächlich der viel zu hohe Öl-Preis (Brent), der infolge von geopolitischen Spannungen und der global angelaufenen Umverteilung der Energiemärkte ebenfalls hochschoss und fast sechs Monate lang bei der Marke von rund 100-120 USD notierte. Doch mittlerweile beobachten wir positive Tendenzen sowohl bei der Inflation, die angefangen hat, sich zu verlangsamen als auch beim Öl-Preis, der vor dem Hintergrund des angelaufenen Ausbaus der US-Öl-Förderung und des Deckelpreises von 60 USD für russisches Öl in eine Abwärtsbewegung Richtung der Marke von 70 USD überging.
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Und an dieser Stelle kommt die wichtigste Update-Annahme auf, dass unter Fluggesellschaften, die in diesem Sommer das Rennen machen könnten, sich hauptsächlich diejenigen befinden dürften, die eine eigene Raffinerie besitzen. Und so kommt man wohl kaum an Delta Air (DAL) vorbei. Delta Air Lines, ein ehemaliger Liebling von Warren Buffett (Berkshire Hathaway besaß bis zum Frühjahr 2020 Aktien des Unternehmens), ist während der Pandemie aufgrund hoher Unsicherheit vom Radar vieler Anleger verschwunden. Es scheint jedoch, dass sich nun ein wolkenloser Himmel über dem Unternehmen aufgetan hat, so zumindest die Annahme von Morgan Stanley, der DAL als Top Pick für 2023 bezeichnete und sein Overweight-Rating mit dem Kursziel von 65 USD (Kurs am 12.12.22: 33,94 USD) bestätigte. Und dafür spricht die branchenspezifische Entwicklung.

Den, obwohl die Kosten für Flugtickets aufgrund der Inflation um zehn Prozent gestiegen sind, bleibt die Nachfrage weiterhin hoch. Infolgedessen erreichte der Umsatz von Delta Air Lines nach den Ergebnissen des letzten TTM-Berichtszeitraums 46,62 Mrd. USD, was 55,9 % mehr ist als zum Jahresende. Die Bruttomarge betrug 77,57 % und die operative Marge 5,82 %. Und obwohl die Nettomargen deutlich unter dem Niveau vor der Pandemie bleiben, erwartet man eine Erholung der Rentabilität, da Delta Air Lines (u.a. dank eigenen Raffinerien) schon immer effizient war und die höchsten Margen in der Branche verzeichnet hatte.

Dazu kommen noch Unternehmen-spezifische Initiativen, die wirklich zuversichtlich stimmen. Delta arbeitet derzeit aktiv an der Kundenbindung und baut Partnerschaften mit Unternehmen aus verschiedenen Branchen auf. Die langjährige Zusammenarbeit mit American Express (AXP) begann bspw. bereits 1996 und wurde bis 2029 verlängert. Co-Branding-Karten brachten Delta im dritten Quartal 1,4 Mrd. USD ein, was 37 % mehr ist als im Jahr 2019. Die Gesamtvergütung aus der Partnerschaft mit AXP wird bis Ende 2022 voraussichtlich rund 5,5 Mrd. Mrd. USD betragen, was das ursprüngliche Ziel des Managements von 7 Mrd. USD für 2024 äußerst konservativ aussehen lässt.

Im Oktober kündigte Delta eine Partnerschaft mit Starbucks (SBUX) an, bei der die Kunden des Kaffeeriesen für jeden Dollar, der für ein Getränk ausgegeben wird, eine Meile verdienen können. Diese Partnerschaft hat ein erhebliches Potenzial, da Starbucks mehr als 100 Millionen Kunden auf der ganzen Welt bedient und das Treueprogramm des Kaffeeunternehmens 27,4 Millionen registrierte Nutzer hat. So können Millionen von Kaffeeliebhabern Kunden von Delta Air Lines werden. Delta wird sicherlich in der Lage sein, neue Kunden zu binden, da SkyMiles-Mitglieder schon heute mehr als 60 % des Umsatzes von Passagieren ausmachen.

Was Delta Airlines (DAL) explizit angeht, so offeriert diese Fluggesellschaft eine breite Anzahl von Dienstleistungen, ist aber kein Lowcoster. In der Tat sind Delta-Flugtickets deutlich teurer als bei der Konkurrenz. Der Konzern richtet sich eben an den High-End-Passagier, der bereit ist, ein paar zusätzliche Dollar für Flugtickets auszugeben, im Austausch für ein angenehmeres Erlebnis. Aus diesem Grund hat sich das Unternehmen zur führenden Fluggesellschaft in den USA für Geschäftsreisen entwickelt, was neben Tourismus-Reopening auch zusätzliche Wachstumschancen im Business-Re-Opening-Segment bedeuten könnte. Denn während die Lebensgrundlagen vieler Verbraucher durch die COVID-Pandemie gestört wurden, konnten viele Besserverdiener ihr Einkommen während der Lockdowns in einer Arbeitsumgebung von zu Hause aus (HomeOffice) stetig fließen lassen und akkumulieren.

Und so wäre es sehr wahrscheinlich, dass Gutverdiener und Geschäftsreisende immer noch vorziehen werden, während Paar zusätzliche Dollar für kleinen Luxus und zusätzlichen Komfort während ihrer Flüge zu zahlen. Diese These legt nahe, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass Delta derzeit unterbewertet ist, wobei die Aktie im BastCase für eine Erholung bereit wäre.

Deltas Führungsrolle im Geschäftsteilsektor der Luftfahrtindustrie hat es dem Unternehmen immerhin ermöglicht, sich zu einem 21,71 Mrd. USD Big Player zu entwickeln. Und so rechnet der Konsens bei Delta für 2022 mit einem EPS von 2,85 USD, wobei 2023 schon 4,90 USD und 2024 rund 6,25 USD, bei einem entsprechenden Umsatzanstieg auf 45,51 Mrd. USD, 51,06 Mrd. USD bzw. 53,36 Mrd. USD) erwartet werden. Und so ist die Annahme von Morgan Stanley, dass DAL zu den Top Pick 2023+ gehören könnte, mehr als plausibel.

Wie die anderen Fluggesellschaften hatte Delta während der Pandemie seine Probleme und wie die meisten seiner Konkurrenten ist die Aktie noch nicht auf die Aktienkurse vor der Krise gestiegen. Der aktuelle Preis der Aktie könnte jedoch vor dem Hintergrund der aktuellen Zahlen als eine plausible Entry-Chance betrachtet werden. Zumal die fundamentale Entwicklung ebenfalls immer besser aussieht. Der Q3-Umsatz von 13,98 Mrd. USD fiel ja besser als die erwarteten 12,87 Mrd. USD aus, während das EPS von 1,51 USD nur knapp unter den erwarteten 1,53 USD lag. Das erreichte Resultat stimmt tatsächlich zuversichtlich und so rechnet Delta für Q4/22 mit einer beschleunigten Erholung der Gesamteinnahmen. Das mittelfristige Ziel von 7 Mrd. USD an EPS und 4 Mrd. Free-Cash-Flow in 2024 wurde bestätigt, könnte sich vor dem Hintergrund der dynamischen Nachfrageerholung als viel zu konservativ herausstellen.
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Die nächste Fluggesellschaft, die man im Rahmen des Reopening-Trends 2023 spielen könnte, ist United (UAL). Die Story ist hier gleich: internationale und geschäftliche Reisen wurden von der COVID-Pandemie hart getroffen, dürften sich aber in diesem Sommer schnell erholen. United Airlines ist eine sehr gut bekannte Fluggesellschaft im Bereich der Discount-Reisen. Das Unternehmen arbeitet jedoch hart daran, die Erfahrungen der Verbraucher zu verbessern und erstklassige Dienstleistungen zu ermäßigten Preisen anzubieten, wodurch höhere Einnahmen erzielt werden. So war das Unternehmen die erste Fluggesellschaft, die Passagieren die Möglichkeit bot, Snacks und Getränke vor dem Einsteigen in das Flugzeug vorzubestellen. Dieser einfache Luxus reicht nicht nur aus, um das Gesamterlebnis für die Verbraucher zu verbessern, sondern ist wahrscheinlich auch ein starker Umsatztreiber, der das Interesse der Verbraucher an zusätzlichen Einkäufen weckt, die sonst möglicherweise nicht stattfinden.

Dabei bietet die UAL-Story einen interessanten GreenEnergy-Touch. United Airlines Ventures, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von United Airlines, hat ja in Zusammenarbeit mit Breakthrough Energy Ventures, Mesa Airlines und Hearth Aerospace ein vollelektrisches Flugzeug entwickelt. United sagt, dass das erste dieser hochmodernen Flugzeuge voraussichtlich bis 2026 fliegen wird. Sollte die Zukunft der Luftfahrt auf der Seite von elektrischen Flugzeugen liegen, so wäre dies ein großer Durchbruch sowohl für die Reisebranche als auch für die Energiebranche und United wäre als First-Mover sofort bei diesem Trend dabei. Der Treiber dieser Story sind sehr großen Ausgaben der Fluggesellschaften für Treibstoff, wobei die Elektroflugzeuge das Potenzial haben, dieses Kostenblock zu beseitigen.
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Die American Airlines (AAL) ist die größte US-Fluggesellschaft nach Marktanteil, aber auch sie war aufgrund des Coronavirus mit ernsthaftem Gegenwind konfrontiert. Die Aktie fiel ja Mitte 2020 um mehr als 60 %, da das Virus zu internationalen Lockdowns und Urlaubsabbrüchen führte. Das Unternehmen hat jedoch etwas zu bieten, was nur wenige seiner Konkurrenten tun - seinen Ruf als hoch angesehene Billigfluggesellschaft. Das ist eine wichtige Tatsache, die zu berücksichtigen ist, wenn Touristische Reopening-Segment so richtig ins Rollen kommt. Denn viele Menschen haben einen angestauten Wunsch zu reisen, auch wenn ihre Budgets etwas knapp sind. Und da wäre es logisch, dass der Blick bei der Suche nach kostengünstigen Flugangeboten primär Richtung American Airlines gehen würde. Hinzu kommt, dass American Airlines bereits den Löwenanteil des Inlandsflugmarktes in den USA bedient und zu einem bekannten Namen für Billigflüge geworden ist. Und das ist der Grund wieso ich die AAL-Aktie als einen plausiblen Reopening-Play in meinem Depot habe.
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Schließlich ist es die Aktie von Southwest Airlines (LUV) - nach Marktkapitalisierung die größte und nach Inlandsflugmarktanteil (17,4 %) die zweitgrößte Fluggesellschaft in den USA ist. Southwest Aktie hatte nach dem ersten COVID-Schock 2020/21 eine der schnellsten Erholungsbewegungen an der Börse absolviert, als Impfstoffe eingeführt wurden. Und so kommt die Vermutung auf, dass der Wert diese Erholungsbewegung, vielleicht nicht in der gleichen Dynamik aufgrund der hohen Inflation und Kerosinkosten, dennoch im Großen und Ganzen auf lange Sicht wiederholen könnte.
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Abschließend bleibt es anzumerken, dass Airline-Play sehr spezifisch ist und normalerweise sehr stark von Kerosinpreisen abhängt. Was allerdings neu ist, wäre das positive Momentum rund um Öl-Preis, der weiter sinkt und somit auch der Kerosin-Preis, was bei einem intakten Reopening-Trend in eine bessere Profitabilität münden dürfte.


Und obwohl alle Fluggesellschaften sehr gute Chancen haben, Richtung 2023/24 in eine dynamische Erholungsphase zu übergehen, favorisieren wir zu diesem Zeitpunkt weiterhin die Aktie von Delta Air (DAL). Grund dafür sind sowohl Konzerneigene Initiativen wie Partnerschaften mit AXP und SBUX, als auch gute Business-Verfassung des Konzerns, der auf eine bessere Profitabilität zusteuert.

Verantwortlicher Redakteur Kulikov Leonid besitzt derzeit Aktien von American Airlines (AAL), die im Text mitangesprochen werden.