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ROUNDUP 2: G7-Staaten nehmen Kurs auf den Klimaclub und neue Partnerschaften

28.06.2022
um 16:19 Uhr

(Neu: Details)

ELMAU (dpa-AFX) - Der von Kanzler Olaf Scholz (SPD) beworbene Klimaclub nimmt Gestalt an. Bis Jahresende wollen die G7-Staaten ihn auf die Beine gestellt haben - das haben Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien bei ihrem dreitägigen Gipfel im bayerischen Elmau beschlossen. Den großen Wurf vermissen Klimaschützer angesichts der fortschreitenden Erderhitzung aber.

Scholz' Klimaclub

Bis Jahresende soll der Club stehen, weitere Mitstreiter sind willkommen. Der Club soll Impulse setzen für den international oft schwerfälligen Umbau der Wirtschaft hin zu mehr Klimafreundlichkeit. Aus der deutschen Wirtschaft kam Unterstützung. "Klimapolitik, die gleichzeitig Wachstums- und Wohlstandsmotor ist, kann so weltweit gemeinsam weiterentwickelt werden - genau das muss unser Ziel sein", sagte die Präsidentin des Verbands der Deutschen Automobilindustrie, Hildegard Müller. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Peter Adrian, meinte: "Gemeinsame Klimaschutz-Standards und vergleichbare Spielregeln für Unternehmen helfen, das Risiko von Produktionsverlagerungen wegen unterschiedlicher Klimaschutzvorgaben zu verringern."

Energiepartnerschaften

Ärmeren Ländern wollen die G7-Staaten mit Expertise und Geld beim Wandel hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft helfen. Vorbild für solche Energiepartnerschaften ist Südafrika, das von Deutschland und anderen Ländern Geld erhält, um den Einsatz sauberer Technologien zu fördern - einschließlich grünem Wasserstoff. Verhandlungen zu ähnlichen Vereinbarungen sollen nun mit Indonesien, Indien, dem Senegal und Vietnam vorangetrieben werden.

Der Politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, hält den Startschuss für Verhandlungen mit Indien für "das wahrscheinlich wichtigste Ergebnis für den Klimaschutz" in Elmau. Das Land habe das ehrgeizige Ziel, dass bis 2030 die Hälfte des Stroms aus Erneuerbaren Energien kommen soll. "Wenn es durch diese Kooperation gelingt, das gemeinsame umzusetzen, dann wird das den globalen Emissionstrend deutlich verändern." Charlotte Becker von Oxfam Deutschland sieht in solchen Partnerschaften für die beteiligten Länder mehr Verlässlichkeit bei der notwendigen Unterstützung.

Klimaziele

Die G7-Staaten bekräftigen ihr Bekenntnis zum Pariser Klimaabkommen von 2015, das die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad, besser noch auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen will. Der Straßenverkehrssektor soll dazu bis 2030 stark dekarbonisiert sein, also deutlich weniger Treibhausgase ausstoßen. Hinzu kommt: Der internationale Luft- und Schiffsverkehr sollen spätestens 2050 nicht mehr Treibhausgas ausstoßen als auch wieder gebunden werden können. "Das setzt insbesondere die USA und Japan, die international bei der Umsetzung bremsen, unter Druck", meint Bals von Germanwatch. Das von vielen Klimaschützern geforderte Zieldatum für den Kohleausstieg blieb hingegen aus.

100 Milliarden US-Dollar für klimawandel-gebeutelte Staaten

Industriestaaten haben versprochen, besonders vom Klimawandel betroffene Staaten jährlich mit 100 Milliarden US-Dollar zu unterstützen. Die G7 bekräftigen nun ihrerseits dieses Ziel: Sie wollen es sobald wie möglich und dann bis 2025 erreichen. Vor der nächsten Klimakonferenz im November in Ägypten wollen sie Details vorlegen, wie das möglichst ab dem kommenden Jahr klappen soll.

Darüber hinaus würdigt Bals: "Ein wichtiger Schritt ist, dass die Regierungschefs der G7 erstmals anerkennen, dass die Schäden und Verluste der vom Klimawandel besonders betroffenen Staaten bewältigt werden müssen - und dass sie dies unterstützen wollen."

Investitionen in fossile Energien

Wegen des Wladimir Putins Angriffskriegs gegen die Ukraine muss Ersatz her für russische Energielieferungen. Deshalb sollen im Ausnahmefall auch neue staatliche Investitionen in fossile Projekte in anderen Ländern möglich sein - auch wenn die G7-Staaten diese grundsätzlich bis Jahresende eigentlich beenden wollen. Diese Ausnahmen sollen im Einklang stehen mit dem Pariser Klimaabkommen und dem Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dabei könne auch Flüssiggas (LNG) eine wichtige Rolle spielen, heißt es in der Abschlusserklärung.

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner, reagierte pessimistisch: "Nun droht weltweit ein neuer Wettlauf um LNG-Exporte, neue Gasförderung und öffentliche Gelder, beispielsweise im Senegal und anderen afrikanischen Ländern, die erst jetzt in die fossile Gasförderung einsteigen." Luisa Neubauer von Fridays for Future sprach auf Twitter von einem "Desaster". "Für die Einhaltung der 1,5°C-Grenze darf es kein einziges neues Projekt geben."/hrz/DP/ngu