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17.08.2022
um 20:26 Uhr

Kostspielige Abhängigkeiten, Kommentar zu Uniper von Annette Becker
Düsseldorf (ots) - Die gute Nachricht vorweg: In dem für das erste Halbjahr
ausgewiesenen Nettoverlust von Uniper von mehr als 12 Mrd. Euro sind die künftig
erwarteten Verluste aus der Ersatzbeschaffung von Gas weitestgehend enthalten.
Zwar hängt der genaue Betrag am Ende auch davon ab, wie viel Gas die russische
Gazprom tatsächlich liefert, doch wird dem ungebremsten Verlustaufbau von
Oktober an mit der Gasumlage Einhalt geboten. Dann muss Uniper "nur noch" 10
Prozent der Mehrkosten der Ersatzbeschaffung tragen.

Die schlechte Nachricht aber ist: Das Ende Juli zwischen Bundesregierung, Uniper
und Fortum beschlossene Rettungspaket im Volumen von 15 Mrd. Euro wird aller
Voraussicht nach nicht ausreichen. Bis zum 17. August sind Verluste aus der
Ersatzbeschaffung von 3,8 Mrd. Euro aufgelaufen, durchschnittlich gut 60 Mill.
Euro täglich. Basierend auf diesem Durchschnittswert wird sich bis Ende
September ein Verlust von 6,5 Mrd. Euro anhäufen. Im Zweifel wird der
tatsächliche Verlust höher ausfallen, eilt der Gaspreis derzeit doch von Rekord
zu Rekord und verteuert die Ersatzbeschaffung.

Gemäß der Vereinbarung hat sich der Bund verpflichtet, weitere
Stabilisierungsmaßnahmen zu ergreifen, sollte der Nettoverlust aus der
Ersatzbeschaffung 7 Mrd. Euro übersteigen. Zu welchem Instrument dann gegriffen
wird, ist offen. Fest steht lediglich, dass die Altaktionäre von Uniper - allen
voran die finnische Mehrheitsaktionärin Fortum - nicht weiter verwässert werden.
Frisches Eigenkapital kommt also nicht infrage. Zugleich muss die Unterstützung
so ausgestaltet werden, dass es unter Beihilfegesichtspunkten grünes Licht aus
Brüssel gibt.

Fortum hat angesichts der dramatischen Entwicklung inzwischen aber auch das
Interesse an Uniper verloren. Von einer Übernahme samt vollständiger
Inte­gration in Fortum ist spätestens seit dem Jahreswechsel keine Rede mehr.
Damals trat der immense Liquiditätsbedarf der deutschen Tochter als Folge der
gestiegenen Gaspreise erstmals zutage. Fortum stopfte das Loch mit einem
Darlehen und einer Garantie von zusammen 8 Mrd. Euro. Geld, an das so schnell
nicht mehr heranzukommen ist.

An zusätzlichen Rettungsmaßnahmen des Staates führt kein Weg vorbei. Dazu hängt
die deutsche Gasversorgung zu stark von Uniper ab. Doch wie bei der Abhängigkeit
von russischem Gas gilt auch hier die Frage: Wie stark sollte sich ein
Industrieland wie Deutschland von einem einzelnen Unternehmen der
systemrelevanten Infrastruktur abhängig machen?

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