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Börse Frankfurt-News: Purzelnde Renditen (Anleihen)

03.12.2022
um 10:18 Uhr

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der kräftige Zinsanstieg ist ausgebremst - zumindest erst einmal. Nach den Äußerungen von Fed-Chef Powell wird nur noch mit moderaten Zinserhöhungen gerechnet. Einige neue Unternehmensanleihen, etwa von Katjes Greenfood, kommen richtig gut an.

2. Dezember 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell lassen die Renditen fallen, auch in der Eurozone. Dass die jüngsten Inflationsraten niedriger als erwartet waren, hat diese Woche ebenfalls zur guten Laune an Aktien- und Anleihemärkten beigetragen. "Die Stimmung hat sich durch die positiven Signale der US-Notenbank aufgehellt", stellt Tim Oechsner von der Steubing AG fest.

US-Notenbankchef Jerome Powell hatte am Mittwoch klargemacht, dass die Zeit großer Zinsschritte von 75 Basispunkte vorbei sei. "Die Zweifel bleiben allerdings, ob die Fed tatsächlich das Tempo ihrer Zinserhöhungen drosselt, und in welchem Tempo", bemerkt Oechsner. Insgesamt bleibe es daher volatil. "Es wechseln sich Risk-on- und Risk-off-Tage ab." Wie die Deutsche Bank feststellt, wird für die USA im Frühjahr 2023 am Geldmarkt nun ein Leitzinshoch ("Terminal Rate") von 4,87 Prozent eingepreist - nach gut 5 Prozent zuvor. Eingepreist würden auch erste Zinssenkungen im zweiten Halbjahr 2024. "Das erscheint aus heutiger Sicht etwas sportlich."

Zinsen: Erst mal kein Anstieg an Sicht

Die Renditen sind diese Woche jedenfalls klar gefallen: Die zehnjährige Bund-Rendite liegt am Freitagmorgen bei 1,78 Prozent nach 1,88 Prozent vor einer Woche. Im Oktober waren es in der Spitze 2,53 Prozent. US-Staatsanleihen gleicher Laufzeit werfen aktuell 3,53 Prozent ab nach 4,34 Prozent im Oktober. Ein schneller Wiederanstieg ist nach Ansicht von Hauke Siemßen von der Commerzbank nicht zu erwarten: "Da EZB und Fed das Tempo ihrer Zinserhöhungen im Dezember voraussichtlich tatsächlich drosseln, werden die Renditen wohl auch nicht wieder steigen."

Auch die Renditeaufschläge für Europas Peripherieländer sinken, etwa die für italienische Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen. "Die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen liegt wieder nur bei 3,65 Prozent, der Spread gegenüber Bundesanleihen ist von in der Spitze 240 auf 186 Basispunkte gefallen", erklärt Arthur Brunner von der ICF Bank. Nach Ansicht von Siemßen ist die spürbare Verringerung der Renditedifferenz allerdings übertrieben. "Da spätestens auf der EZB-Sitzung im Dezember konkretere Planungen zum Bilanzabbau der EZB publik werden dürften, gehen wir von einer Ausweitung der Renditedifferenz aus."

Katjes-Anleihe schmeckt vielen

Im Geschäft mit Unternehmensanleihen hat sich die neue Katjes Greenfood-Anleihe zu einem echten Verkaufsschlager entwickelt. "Die Nachfrage der Privatanleger ist sehr groß", stellt Brunner fest. Die gerade emittierte Anleihe bietet 8 Prozent bis 2027 (DE000A30V3F1) und wird mittlerweile zu 105,5 Prozent gehandelt. Auch der neue Bond von Booster Precision Components (NO0012713520) läuft Brunner zufolge gut. "Das dürfte auch am attraktiven Kupon liegen." Die Anleihe des Herstellers mechanischer Präzisionsteile läuft bis 2026, der Kupon (Drei-Monats Euribor plus 900 Basispunkte) beträgt aktuell 10,908 Prozent.

Beliebt sind laut Brunner derzeit auch der im kommenden April fällige Floater von Ferratum Capital Germany mit aktuell 7,002 Prozent Zins (SE0012453835) und die im Oktober 2023 fällige Grenke-Anleihe mit 1,5 Prozent (XS1910851242). "Ferratum ist aktuell auf Roadshow für eine neue Anleihe, die die alte ablösen soll."

Gregor Daniel von Walter Ludwig meldet tendenziell Käufe für eine bis 2024 laufende ThyssenKrupp-Anleihe mit Kupon von 2,875 Prozent (DE000A2TEDB8). "Moody`s hat ThyssenKrupp auf Ba3 hochgestuft, das kommt gut an."

Metalcorp und Paragon machen Boden gut

Etwas erholt haben sich Daniel zufolge Papiere von Metalcorp nach Laufzeitverlängerung und Kuponerhöhung (DE000A19MDV0). Das Unternehmen hatte Anfang Oktober völlig überraschend eingeräumt, die am 2. Oktober fällige Anleihe nicht zurückzahlen zu können. Der Kurs brach ein. Im November einigte man sich mit den Gläubigern dann auf eine Laufzeitverlängerung bis Oktober 2023 und eine Aufstockung des Kupons von 7 Prozent auf 8,75 Prozent. "Die Unsicherheit bleibt aber", bemerkt Daniel. "Sonst läge der Kurs nicht bei 66 Prozent."

Einen großen Satz nach oben machten Anleihen des kriselnden Autozulieferers Paragon (DE000A2GSB86), wie Rainer Petz von Oddo BHF berichtet. Der auf Euro lautende Bond wird nun um 50 Prozent gehandelt nach 30 Prozent Anfang November. "Paragon verkauft seine KI-Tochter an Cariad, das Software-Unternehmen des VW-Konzerns." Der Kurs der auf Schweizer Franken lautenden Paragon-Anleihe (CH0419041105) weist ebenfalls nach oben.

Wacklige Immobilienunternehmen

Die Immobilienbranche bleibt unterdessen angeschlagen, ein Beispiel ist Corestate (DE000A19YDA9). Großes Thema ist weiter die Adler Group. Zuletzt hat sich der hochverschuldete Konzern mit wichtigen Gläubigern - unter anderem BlackRock und Pimco - auf eine Laufzeitverlängerung und Zinsaufstockung der 2024 fälligen Anleihen geeinigt. Die Gläubiger stellen zudem frisches, hochverzinstes Fremdkapital zur Verfügung. "Die Euphorie war erst groß, dann sind die Kurse aber auch schon wieder gefallen", bemerkt Brunner. "Die Rettung ist noch nicht in trockenen Tüchern."

von: Anna-Maria Borse, 2. Dezember 2022, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)