Reuters

Versicherer Zurich macht vor Chefwechsel reinen Tisch

20.01.2016
um 14:46 Uhr

Zürich (Reuters) - Der Versicherungskonzern Zurich macht vor dem Antritt eines neuen Chefs reinen Tisch.

Europas fünftgrößter Versicherer schreckte die Anleger am Mittwoch mit der zweiten Gewinnwarnung innerhalb von vier Monaten. Der Konzern aus Zürich stellte für das Schlussquartal 2015 Belastungen von insgesamt fast einer Milliarde Dollar in Aussicht. Sorgenkind bleibt das Kerngeschäft Schadenversicherung, in dem Zurich einen Betriebsverlust von rund 100 Millionen Dollar erwartet. Neben Altlasten kommen die mit einem Prämienanteil von fast 70 Prozent größte Sparte die schweren Überschwemmungen in Großbritannien und Irland teuer zu stehen.

Die neue Hiobsbotschaft schickte die Zurich-Aktien auf Talfahrt: Der Kurs brach um zehn Prozent auf 222,10 Franken ein - den tiefsten Wert seit mehr als drei Jahren. Die Analysten von Keefe, Bruyette & Woods und KeplerCheuvreux gehen statt einem Gewinn nun von 200 Millionen Dollar oder mehr Quartalsverlust für den Konzern aus. UBS senkte die Anlegeempfehlung und rät Anlegern nun, die Zurich-Aktien zu verkaufen. Die erneute Gewinnwarnung schürte bei den Anlegern zudem Ängste um die Dividende. Eine Zurich-Sprecherin erklärte, der Konzern habe eine starke Kapitalausstattung und sei einer nachhaltigen und attraktiven Ausschüttung verpflichtet.

REINEMACHEN VOR ANTRITT DES NEUEN CHEFS

Analysten bringen die schlechten Neuigkeiten allerdings auch in Zusammenhang mit dem bevorstehenden Chefwechsel. "Das hat manche Aspekte von 'Kitchen Sink'", hieß es bei Kepler Cheuvreux. Auch die Bernstein-Experten sind der Ansicht, dass das große Reinemachen vor dem Antritt des neuen CEOs begonnen habe. Zurich steht kurz davor, den Nachfolge des langjährigen Konzernlenkers Martin Senn zu ernennen. Senn hatte Anfang Dezember das Handtuch geworfen: Die Gewinnwarnung im September, ein praktisch außer Reichweite gerückte Rentabilitätsziel und die gescheiterte Übernahme des britischen Rivalen kratzten an der Glaubwürdigkeit des Managers. "Es wird Zeit, dass das schlingernde Schiff endlich wieder einen starken Kapitän erhält", sagte ein Börsenhändler nach der erneuten Gewinnwarnung.

In Medienberichten wird Generali-Chef Mario Greco als Favorit für den Zurich-Chefsessel gehandelt. Interimistisch führt Präsident Tom de Swaan den Konzern. Der Niederländer will den neuen CEO von außen in das Unternehmen holen.

ÜBERSCHWEMMUNGEN UND ALTLASTEN VERSCHLINGEN EINE MILLIARDE

Die Stürme, die zum Jahreswechsel über Nordengland und Irland hinweggefegt waren und schwere Überschwemmungen verursacht hatten, dürften bei Zurich mit rund 275 Millionen Dollar zu Buche schlagen. Dazu kommen ein großer Schadenfall in der Kredit- und Kautionsversicherung sowie mehrere große Schäden im europäischen Unternehmensgeschäft.

Zudem bereitet Zurich das Großkundengeschäft weiterhin Probleme: Schäden aus vergangenen Jahren kosten mehr Geld, als dafür zur Seite gelegt wurde. Der Konzern hatte wegen des schwächelnden Schadenversicherungsgeschäfts die milliardenschwere RSA-Übernahme abgeblasen. Der im Oktober eingesetzte neue Spartenchef Kristof Terryn will den Bereich mit Sparmaßnehmen inklusive Stellenabbau wieder auf Kurs bringen. Doch das kostet zuerst einmal Geld und wird das Konzernergebnis im vierten um rund 475 Millionen Dollar schmälern. Und eine Wertberichtigung auf das Lebensversicherungsgeschäft in Deutschland verschlingt weitere rund 230 Millionen Dollar.

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