Reuters

Richter bremst Ankläger im Deutsche-Bank-Prozess

21.07.2015
um 17:31 Uhr
München (Reuters) - Im Betrugsprozess gegen Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und weitere Spitzenbanker sieht das Landgericht München hohe Hürden für eine Verurteilung. "Eins ist mal klar. Eine Verurteilung kommt überhaupt nur in Betracht, wenn kein vernünftiger Zweifel an der Schuld besteht", hielt Richter Peter Noll am Dienstag der Staatsanwaltschaft vor. Sie müsse Fakten für ihre Behauptung liefern, die Angeklagten hätten den Vorsatz gehabt, den früheren Medienmogul Leo Kirch in einem anderen Prozess um einen Schadenersatzanspruch zu betrügen.Fitschen, seine Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie zwei weitere Ex-Vorstände von Deutschlands größter Bank sollen vor Jahren versucht haben, ein anderes Gericht zu täuschen, um Kirchs milliardenschwere Schadenersatzklage abzublocken. Der Unternehmer, der 2011 starb, hatte die Bank für den Zusammenbruch seines Imperiums verantwortlich gemacht. Der Streit begann mit einem Fernsehinterview, in dem Breuer Zweifel an Kirchs Kreditwürdigkeit äußerte.Die Bank einigte sich schließlich mit Kirchs Erben auf einen 925 Millionen Euro schweren Vergleich bei. Dessen ungeachtet erhob die Staatsanwaltschaft jedoch Anklage. Die Bank habe Kirch mit dem Interview unter Druck setzten wollen, um von ihm einen Restrukturierungsauftrag zu erhalten, und habe ihn später um seinen Schadenersatzanspruch prellen wollen. Die Banker, denen bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen, haben die Anschuldigungen zurückgewiesen.Am Dienstag bekräftigte die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe. Ackermanns Aussage, er sei gegen ein Mandat von Kirch gewesen, sei nicht glaubhaft. "Dr. Ackermann widerspricht sich selbst. Hinzu kommt, dass er erneut falsche Tatsachen behauptet", sagte Staatsanwalt Stephan Necknig. Aus seinem Verhalten im Schadenersatzprozess müsse man einen Betrugsvorsatz ableiten. Dies wies nicht nur Ackermanns Verteidiger zurück, sondern auch Richter Noll. "Rein hypothetisch" auf subjektive Gedanken der Angeklagten zu schlussfolgern, sei nicht möglich. "Ich glaube nicht, dass wir ohne Kenntnis der realen Lage auf die subjektive Seite schließen können."Gegenwind bekam die Staatsanwaltschaft am Dienstag auch von zwei Zeugen. Sie widersprachen der Auffassung der Ankläger, Breuers Interviewäußerung sei Teil einer Verschwörung gegen Kirch gewesen. Der Journalist, der die Fragen gestellt hatte, und Breuers damaliger Pressesprecher erklärten übereinstimmend, Breuer sei nicht auf die Fragen nach Kirchs Situation vorbereitet worden. "Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", lautete Breuers damalige Antwort. Begonnen hatte das Interview mit Fragen zur Konjunktur und zum Geschäftsverlauf der Bank.

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