Reuters

Neuer Credit-Suisse-Chef sucht sein Heil in Asien

23.07.2015
um 15:56 Uhr
- von Oliver HirtZürich (Reuters) - Der neue Credit Suisse-Chef Tidjane Thiam will die zweitgrößte Schweizer Bank besser gegen Krisen wappnen und stärker auf das lukrative Asien-Geschäft ausrichten. "Das ist ein Kuchen, der schneller wächst, als man essen kann", sagte der aus der Elfenbeinküste stammende 52-jährige am Donnerstag auf der ersten Pressekonferenz seit seinem Amtsantritt Anfang des Monats. Details seiner Strategie will Thiam im Herbst bekannt geben. Wie er die im Branchenvergleich magere Kapitaldecke der Bank aufpäppeln will, ließ er offen, überzeugte aber dennoch die Anleger: Die Aktie kletterte an der Börse um acht Prozent auf den höchsten Stand seit April. Thiam hatte bei seinem Ex-Arbeitgeber, dem britischen Versicherungskonzern Prudentialebenfalls eine offensive Asienstrategie gefahren. Er übernimmt mit der Credit Suisse von seinem Vorgänger Brady Dougan eine Bank, die besser aufgestellt ist, als viele erwartet hatten. Im zweiten Quartal verbuchte die Nummer zwei der Schweiz nach der UBS einen Milliarden-Gewinn. Besonders gut lief es in Asien, wo Vermögensverwaltung und Investmentbank kräftig wuchsen. Im ersten Halbjahr konnte die Bank den Gewinn vor Steuern hier mehr als verdoppeln. Gut ein Viertel des konzernweiten Vorsteuergewinns entfiel auf die Region Asien-Pazifik.Dabei soll es nicht bleiben. "In Asien werden wir in drei bis fünf Jahren bedeutend größer sein als heute", sagte Thiam. "Das ist ein Teil der Welt, wo das Geschäft über eine lange Zeit jährlich 15 Prozent wachsen kann." Befürchtungen in der Schweiz, die Bank könnte ihren Heimatmarkt vernachlässigen, versuchte Thiam zu zerstreuen. "Wer zuhause nicht gewinnt, kann auch auswärts nicht gewinnen", sagte der begeisterte Anhänger des englischen Fussballclubs Arsenal.KEIN SELBSTLÄUFEREin Selbstläufer ist aber auch Asien nicht. Denn viele andere Geldhäuser wie die Deutsche Bank oder Julius Bär rangeln ebenfalls um eine führende Position im Geschäft mit reichen Privatkunden in China und anderen stark wachsenden Ländern. "Dies dürfte den Wettbewerb weiter anheizen, den Preis für mögliche Akquisitionen in die Höhe treiben, zu höheren Löhnen für qualifizierte Mitarbeiter und schliesslich niedrigeren Renditen für das Geschäft in Asien-Pazifik führen", sagte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. Immerhin: Als Nummer drei nach dem Erzrivalen UBS und der amerikanischen Citigroup ist die Zürcher Bank in einer guten Ausgangslage in der Region. Zudem hilft dem Institut sein immer noch großes Investmentbanking, neue Kunden an Land zu ziehen. Thiam ließ durchblicken, dass er sich aus Bereichen zurückziehen könnte, die viel Kapital verschlingen und wenig abwerfen. Dies gilt Analysten zufolge etwa für den Handel mit Staatsanleihen und Devisen oder Dienstleistungen für Hedgefonds. Die wenigsten Analysten rechnen aber damit, das Credit Suisse das Investmentbanking so drastisch stutzt wie die UBS.STRATEGIESUCHECredit Suisse ist eine von derzeit vier Großbanken in Europa, die mit einem neuen Chef an den Start gehen, weil die bisherigen Sparbemühungen keine Früchte tragen und Konkurrenten davonziehen. Auch bei der Deutschen Bank und den britischen Instituten Barclays und Standard Chartered sind seit kurzem Manager am Ruder, die einen Ruf als harte Sanierer haben.[ID: nL5N0ZS0HD] In Frankfurt soll John Cryan die Deutsche Bank aus der Krise führen, die unter hohen Kosten und vielen Altlasten ächzt und den Investoren nicht genug Rendite abwirft. Auch er tüftelt an einer neuen Strategie, die mit Spannung erwarteten Details will er bis Ende Oktober vorstellen. Fest steht bereits, dass das Privatkundengeschäft durch den Verkauf der Postbank deutlich zusammengestrichen wird. Die Investmentbank dürfte ebenfalls neu zugeschnitten werden, um Kapital zu sparen.Auch bei der Credit Suisse ist das Kapital die Achillesverse. Die Kernkapitalquote verbesserte sich zwar leicht auf 10,3 Prozent, liegt aber immer noch deutlich unter dem Wert von Konkurrenten wie der UBS. "Dies bleibt die größte Herausforderung für den neuen Chef", erklärte Dirk Becker von Kepler Cheuvreux. Viele Experten erwarten eine milliardenschwere Kapitalerhöhung. Thiam wollte sich zu dieser Frage aber noch nicht in die Karten blicken lassen. Erst wenn klar sei, wie viel die Bank mit Einsparungen und Verkäufen herausholen könne, sei klar, ob eine Kapitalerhöhung notwendig sei.

Credit Suisse Group AG

WKN 876800 ISIN CH0012138530

Deutsche Bank AG

WKN 514000 ISIN DE0005140008

UBS Group AG

WKN A12DFH ISIN CH0244767585