Berlin (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für ihr "Wir schaffen das" in der Flüchtlingspolitik Rückhalt von Bundespräsident Joachim Gauck bekommen.
"Ich mag mir eine Regierungschefin nicht vorstellen, die vor das Volk tritt und sagt 'Wir schaffen das nicht'", sagte Gauck in einem am Sonntag vorab verbreiteten ZDF-Interview. "Also warum sollte man eine solche Person wählen?" Verunsichert habe die Bevölkerung zum Teil womöglich, "dass das wie wir es schaffen manchmal nicht gleich deutlich wurde". Einem Zeitungsbericht zufolge will Merkel bei einem Treffen im September die Chefs der wichtigsten Unternehmen in die Plicht nehmen, mehr Flüchtlinge zu beschäftigen.
Beim Parteitag der CDU in Niedersachsen verteidigte Kanzleramtschef Peter Altmaier die Flüchtlingspolitik gegen Kritik auch aus den eigenen Reihen. "Am Ende wird durch diese große Aufgabe die Identität dieses Landes nicht schwächer, sondern stärker sein", sagte der CDU-Politiker am Samstag in Hildesheim. Rolle der CDU sei es nicht, populistische Forderungen umzusetzen, sondern verantwortlich zu regieren. Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte Merkel vorgeworfen, sie gehe in der Flüchtlingspolitik zu wenig auf die Sorgen und Ängste der Bürger ein und stehe nicht für die Mehrheit. Alle Umfragen zeigten, "dass mittlerweile Horst Seehofer und nicht Angela Merkel dabei den Mehrheitswillen der Bevölkerung ausdrückt", sagte der ehemalige CSU-Chef dem "Spiegel".
PETRY: FLÜCHTLINGE AUF UN-GESCHÜTZTE INSELN ABSCHIEBEN
Merkel will nach einem Zeitungsbericht bei einem Treffen am 14. September im Kanzleramt die wichtigsten Konzernchefs dazu bringen, mehr Lehrstellen und Arbeitsplätze für Migranten anzubieten. Das Bundespresseamt bestätigte den "Bild"-Bericht zunächst nicht. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte vor einem Monat berichtet, dass die 30 wichtigsten, im Deutschen Aktienindex (DAX) gelisteten Unternehmen bis Anfang Juni nur 54 Flüchtlinge eingestellt hätten. Davon seien allein 50 bei der Deutschen Post untergekommen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel forderte die Chefs der deutschen Top-Konzerne daraufhin auf, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Einem Bericht der "Welt am Sonntag" zufolge haben Firmen der Wirtschafts-Initiative "Wir zusammen" inzwischen 449 Flüchtlinge angestellt.
Die Parteichefin der rechtspopulistischen AfD, Frauke Petry, will Flüchtlinge auf Inseln außerhalb Europas abschieben, die von den Vereinten Nationen (UN) geschützt werden. In einem am Samstag im Internet verbreiteten "Bild"-Interview plädierte Petry dafür, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in eine "Rückwanderungsbehörde" umzuwandeln. "Diese bringt dann die illegalen Migranten und abgelehnten Asylbewerber auf zwei von der UN geschützte Inseln außerhalb Europas unter."
Die AfD-Chefin warf auf ihrer Facebook-Seite "Bild" vor, das Interview ohne die - nach ihren Worten - "wesentliche Aussage zur Kanzlerin" veröffentlicht zu haben. Petry verbreitete einen Interview-Wortlaut, in dem sie Merkel vorwarf, sie sei "zur größten Antisemiten-Importeurin der deutschen Geschichte geworden".