Reuters

Vorsprung durch Navigation -Autobauer kaufen Nokia Here

03.08.2015
um 14:56 Uhr
- von Irene Preisinger und Ilona WissenbachMünchen/Helsinki (Reuters) - BMW, Daimler und Audi wappnen sich mit dem gemeinsamen Kauf des Kartendienstes Nokia Here gegen die stärker werdende Konkurrenz aus der IT-Branche. Die drei deutschen Oberklasse-Hersteller übernehmen Europas größten Anbieter von Navigationsleistungen für rund 2,5 Milliarden Euro. Das Trio will so verhindern, dass die Schlüsseltechnologie für Assistenzsysteme, Navigation und autonomes Fahren in die Hände von Google, Apple oder anderen Internetfirmen gerät. Nokia Here wird in Europa in vier von fünf Autos genutzt. Über den Kauf des Dienstes war seit Monaten spekuliert worden."Here wird eine Schlüsselrolle bei der digitalen Revolution der Mobilität spielen und dabei hochpräzise Karten mit Daten aus dem Fahrzeugumfeld kombinieren, um das Fahren für alle sicherer und einfacher zu machen", sagte BMW-Chef Harald Krüger am Montag in München. Mit der Technik wollen die Autobauer beispielsweise Gefahrenwarnungen vor Glatteis oder Staus in Echtzeit anbieten und das autonome Fahren vorantreiben, das in Zukunft Gewinne abwerfen soll. Experten schätzen den Markt für vernetzte und selbstfahrende Autos auf rund 50 Milliarden Dollar. Neben den deutschen Autobauern hatten chinesische Internetkonzerne und der US-Fahrdienstanbieter Uber für den Kartendienst geboten. ABWEHRKAMPFAngesichts der Chancen, die sie sich von dem Kartendienst erhoffen, überwanden die Autobauer in diesem Fall ihre sonst intensiv gepflegte Konkurrenz. Daimler, BMW und Audi übernehmen Nokia Here zu gleichen Teilen. Keiner der Partner strebt eine Mehrheit an. Wegen der Rivalität untereinander war Insidern zufolge schon im Zuge des Bieterprozesses überlegt worden, den Finanzinvestor General Atlantic als eine Art neutralen Schiedsrichter an Bord zu holen. Wie eine mit der Transaktion vertraute Person Reuters am Montag sagte, ist eine Beteiligung von General Atlantic zu einem späteren Zeitpunkt geplant. Die Höhe des Anteils soll demnächst festgelegt werden.Die Autobauer betonten, der Kartendienst solle auch künftig allen Kunden aus der Automobilindustrie und anderen Branchen zugänglich sein. "Mit dem Einstieg bei Here wollen wir die Unabhängigkeit dieses zentralen Angebots für alle Fahrzeughersteller und Zulieferer sowie für Kunden aus weiteren Branchen sichern", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche.Zu Heres Kunden gehören neben deutschen Autokonzernen unter anderem Toyota, General Motors und Fiat Chrysler. Aber auch die Internetfirmen Amazon, die Suchmaschinenbetreiber Yahoo und Baidu sowie die Frachtdienste Fedex und UPS nutzen die Daten, die mit enormem Aufwand permanent auf dem aktuellsten Stand gehalten werden.NICHT OHNE RISIKOHere war aus dem US-Navigationsanbieter Navteq hervorgegangen, den Nokia 2008 für rund acht Milliarden Dollar übernahm. In der Folge korrigierten die Finnen den Wert ihres Kartendienstes sukzessive nach unten. Im vergangenen Jahr sorgte eine Abschreibung von mehr als einer Milliarde Euro sogar für einen Verlust. Im ersten Halbjahr erzielte Here einen operativen Gewinn von 28 Millionen Euro. Die Nokia-Tochter beschäftigt gut 6400 Mitarbeiter. Wie Nokia mitteilte, ist der Deal insgesamt 2,8 Milliarden Euro wert. Bei Abschluss der Übernahme, die im ersten Quartal 2016 erwartet wird, erhält der finnische Konzern 2,5 Milliarden Euro. Knapp 300 Millionen Euro an Verbindlichkeiten werden den Käufern erlassen. Der Buchgewinn soll bei einer Milliarde Euro liegen. Analysten hatten einen etwas höheren Preis erwartet. Da Audi, BMW und Daimler nun einen wichtigen Zulieferer der gesamten Branche kontrollieren, ist fraglich, ob die anderen Fahrzeugbauer Nokia Here treu bleiben. Der wichtigste Konkurrent ist TomTom aus den Niederlanden, der jüngst eine Kooperation mit Bosch besiegelt hat. Navigationsdienste sind zudem ein wichtiger Faktor im harten Konkurrenzkampf der Autoschmieden. "Es besteht das Risiko, dass sich die drei nicht vertragen", sagte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen.

Amazon.com Inc.

WKN 906866 ISIN US0231351067

Baidu.com (ADRs)

WKN A0F5DE ISIN US0567521085

Bayerische Motoren Werke AG

WKN 519000 ISIN DE0005190003

FedEx Corp.

WKN 912029 ISIN US31428X1063
FedEx Corp. Chart
FedEx Corp. Chart

General Motors Co.

WKN A1C9CM ISIN US37045V1008

Mercedes-Benz Group AG

WKN 710000 ISIN DE0007100000

Nokia Oyj

WKN 870737 ISIN FI0009000681
Nokia Oyj Chart
Nokia Oyj Chart

United Parcel Service Inc.

WKN 929198 ISIN US9113121068

Volkswagen AG Vz.

WKN 766403 ISIN DE0007664039