Reuters

EU und Briten steuern bei Derivate-Clearing auf nächsten Streit zu

03.05.2017
um 17:17 Uhr

London (Reuters) - Die Europäische Union und Großbritannien bewegen sich wegen des milliardenschweren Geschäfts mit Derivaten auf ein neues Streitthema in den Brexit-Verhandlungen zu.

Der für den Finanzmarkt zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, will am Donnerstag Pläne vorstellen, die sich auch mit der Abwicklung dieser Finanzinstrumente beschäftigen. Politiker in Deutschland und Frankreich sind der Ansicht, dass das sogenannte Clearing von in Euro ausgegeben Derivaten nach dem Brexit von London in EU-Staaten verlagert werden muss. Zuletzt gab es bereits Meinungsverschiedenheiten zwischen der EU-Kommission und der Regierung in London über die britischen Finanzverpflichtungen gegenüber der EU.

Derzeit werden die meisten Euro-Geschäfte über das Londoner Clearinghaus LCH.Clearnet abgewickelt, eine Tochter der Londoner Börse LSE. Diese wäre nach einem EU-Austritt Großbritanniens aber nicht mehr im Einflussbereich der europäischen Aufsicht. Die Brüsseler Behörde wolle wegen der wachsenden, systemischen Bedeutung von Clearinghäusern die Aufsichtsregeln verbessern, sagte ein mit den Plänen Vertrauter zu Reuters. Deshalb solle eine stärker integrierte EU-Aufsicht geschaffen werden und die Europäische Zentralbank mehr Kompetenzen erhalten. Wenn außerhalb ansässige Clearinghäuser eine systemrelevante Rolle für den EU-Finanzmarkt spielten, sollten sie den in EU-Regeln vorgesehenen Schutzmaßnahmen unterliegen. Das umfasse, wenn nötig, verbindliche Regeln für die Überwachung und den Ort der Einrichtung, zitierte der Insider aus einer Erklärung der EU-Kommission.

Banken müssen die meisten Derivate-Geschäfte über Clearinghäuser abwickeln. Diese stehen im Handel zwischen Käufer und Verkäufer und springen ein, wenn einer der Handelspartner ausfällt. Dadurch soll die Transparenz und Sicherheit des Finanzsystems erhöht werden. Vielen Großbanken wäre es am liebsten, wenn sie auch künftig einen Großteil der Euro-Geschäfte in London abwickeln könnten. Schließlich gibt es in der britischen Hauptstadt derzeit die meiste Liquidität und folglich auch bessere Preise.

Frankfurt mit der Deutsche-Börse-Sparte Eurex Clearing und Paris mit der LSE-Tochter Clearnet SA hoffen dagegen darauf, Euro-Clearinggeschäft aus London anzulocken. Sollte die EU die Abwicklung in der EU vorschreiben, müsse dies auch für US-Geldhäuser gelten, forderte Deutsche-Bank-Manager Stefan Hoops in der "Börsen-Zeitung". Andernfalls würden europäische Institute im Wettbewerb mit außereuropäischen Geldhäusern benachteiligt. Es bestehe die "Gefahr von Regeln, die gut klingen, aber nicht überall durchsetzbar sind".

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