Reuters

ProSiebenSat.1 dämpft Erwartungen im TV-Werbegeschäft

11.05.2017
um 12:31 Uhr

München (Reuters) - ProSiebenSat.1 hat sich bei den Aussichten seiner wichtigsten Einnahmequelle verschätzt.

Die Wachstumschancen für die Erlöse aus Fernsehwerbung seien in diesem Jahr weniger gut als anfangs erwartet, räumte Vorstandschef Thomas Ebeling am Donnerstag ein. Weil die Kunden zurückhaltender buchten als von ProSiebenSat.1 geplant, rechne er im Gesamtjahr nur noch mit einem Marktwachstum von 1,5 bis 2,5 Prozent. Vor zweieinhalb Monaten hatte Ebeling noch einen Zuwachs von zwei bis drei Prozent in Aussicht gestellt.

Obwohl ProSiebenSat.1 am Donnerstag ein unerwartet starkes Wachstum im ersten Quartal bekanntgab und bekräftigte, 2017 solle der Konzernumsatz im hohen einstelligen Prozentbereich zulegen und der Gewinn einen neuen Rekord erreichen, reagierten Anleger schockiert: Die ProSiebenSat.1-Aktie brach um sieben Prozent ein und war damit größter Verlierer im Leitindex Dax. Die Titel des Erzrivalen RTL Group zählten im Nebenwerteindex MDax mit einem Abschlag von fast fünf Prozent ebenfalls zu den Schlusslichtern.

ProSiebenSat.1 erwirtschaftet die Hälfte seiner Erlöse und einen Großteil des Gewinns mit Fernsehwerbung. Um diese Abhängigkeit zu verringern, baut Ebeling das Geschäft mit Internetseiten und TV-Produktionen für andere Sender aus. Das boomende Online-Geschäft, zuletzt vor allem die im Herbst übernommenen Partnerbörsen Parship und Elitepartner, beflügelte ProSiebenSat.1 im ersten Quartal. Der Umsatz kletterte um 13 Prozent auf 910 Millionen Euro, der Betriebsgewinn legte um zehn Prozent auf 188 Millionen Euro zu. Das deutsche TV-Geschäft steigerte seinen Gewinn dank kostenpflichtiger Angebote in hoher Auflösung (HD).

Beim europäischen Fernsehkonzern RTL stagnierte der Gewinn der deutschen Sender im ersten Quartal trotz steigender Erlöse. Konzernweit schrumpften Umsatz und Ergebnis, wie das Unternehmen ebenfalls am Donnerstag mitteilte. Grund seien ein starkes Vorjahresquartal und das Auslaufen der von RTL produzierten Serie "American Idol" auf dem US-Sender Fox. Eine Neuauflage der US-Variante von "Deutschland sucht den Superstar" sei für den Sender ABC geplant. Der Rückgang belastete auch den Mutterkonzern Bertelsmann. Das Betriebsergebnis des Medienkonglomerats schrumpfte bei annähernd stabilen Erlösen um 3,6 Prozent auf 482 Millionen Euro.

ZYKLISCHES WERBEGESCHÄFT

Im Gegensatz zu ProSiebenSat.1 hat sich RTL bisher keine Marktprognose zugetraut und dies mit zu großer Ungewissheit begründet. Beide Senderketten teilen sich den Löwenanteil des deutschen TV-Werbemarktes. Dieses Geschäft ist stark konjunkturabhängig und lief für die deutschen Fernsehsender aufgrund der guten Wirtschaftslage der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren sehr gut. 2016 beeinträchtigten allerdings die Brexit-Entscheidung Großbritanniens und die Unsicherheit infolge der US-Präsidentschaftswahl das Geschäft. Wie in jedem Jahr mit großen Sportereignissen entgingen den beiden Privatsenderketten außerdem Werbeerlöse, weil Kunden lieber bei den öffentlich-rechtlichen Sendern buchten, die die Fußball-Europameisterschaft und die Olympischen Spiele übertrugen.

Ein Ausreißer nach oben war im vergangenen Jahr das erste Quartal, in dem die Sender von vorgezogenen Buchungen und dem frühen Ostertermin profitierten. Diesen Basiseffekt nannten ProSiebenSat.1 und RTL nun zur Begründung dafür, dass das erste Quartal des laufenden Jahres vergleichsweise schlecht lief: Der Werbemarkt stagniert nach Einschätzung von ProSiebenSat.1 bestenfalls, RTL sprach von einem Rückgang um ein bis zwei Prozent.

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