Reuters

Deutsche Börse verprellt Anleger - Aktie unter Druck

27.07.2017
um 14:16 Uhr

- von Andreas Framke

Frankfurt (Reuters) - Die Deutsche Börse verschreckt mit der Senkung ihrer Gewinnprognose die Anleger.

Sie trennten sich am Donnerstag in Scharen von dem Papier des größten deutschen Börsenbetreibers. Dieser hatte zuvor erklärt, die bisherigen Jahresziele seien angesichts der mauen Handelsaktivität an den Finanzmärkten nur noch knapp zu erreichen. Die im Dax notierte Aktie der Börse ging um bis zu 4,4 Prozent in die Knie und übernahm zeitweise die rote Laterne in dem Auswahlindex.

Finanzvorstand Gregor Pottmeyer machte seine Erwartungen an den weiteren Geschäftsverlauf davon abhängig, ob sich der Handel an den Börsen weltweit wieder erholt. Wegen politischer und ökonomischer Unsicherheiten stehen viele Investoren derzeit an der Seitenlinie und handeln weniger, was den Börsen weniger Geld in die Kassen spült. "Obwohl die Geschäftsentwicklung damit insgesamt leicht unter unseren Erwartungen lag, ist es weiterhin möglich, das untere Ende unserer Ergebnisprognose für das Gesamtjahr zu erreichen", sagte der Finanzchef.

Pottmeyer und der wegen des Verdachts auf Insiderhandel unter Druck stehende Vorstandschef Carsten Kengeter hatten zu Jahresbeginn einen Anstieg des bereinigten Gewinns um zehn bis 15 Prozent in Aussicht gestellt.

KENGETER IM FOKUS

Wegen des juristischen Streits um Vorstandschef Kengeter stellte die Börse 10,5 Millionen Euro zurück, nachdem die Staatsanwaltschaft Strafen in dieser Höhe angedroht hatte. Zum Teil erfolgte die Rückstellung für den Fall Kengeter, zum Teil wegen des Vorwurfs der Ermittler, dass das Unternehmen den Kapitalmarkt zu spät über die Absicht der Fusion mit dem Londoner Rivalen LSE informiert habe.

Kengeter hatte im Dezember 2015, gut zwei Monate vor Bekanntwerden der LSE-Fusionsgespräche, in großem Stil Aktien der Deutschen Börse gekauft. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass der ehemalige Investmentbanker damals bereits über den LSE-Deal verhandelte, und durchsuchte deshalb sein Büro in Eschborn sowie seine Privatwohnung in Frankfurt. Aufsichtsratschef Joachim Faber hat die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen.

Vergangene Woche hatte eine Meldung des Unternehmens für Schlagzeilen gesorgt, die Staatsanwaltschaft habe in Aussicht gestellt, die Ermittlungen gegen Kengeter wegen des Verdachts auf Insiderhandel ohne Auflagen einzustellen. Die Behörde hat dies dementiert. Von einem der zehn größten Investoren hieß es am Donnerstag, es wäre wünschenswert, wenn die Angelegenheit schnell aus der Welt geschafft werden könnte: "Gelingt das, dann könnte Kengeter leicht beschädigt weitermachen, was gut wäre. Allerdings muss sich der Aufsichtsrat fragen lassen, warum er seine Kontrollfunktion nicht optimal wahrgenommen hat."

LICHT UND SCHATTEN

Im zweiten Quartal kletterte der Betriebsgewinn (Ebit) trotz der geringen Handelsaktivität am Kassamarkt und bei Index- und Aktienderivaten an der zum Konzern gehörenden Derivatebörse Eurex auf 314,2 (2016: 279) Millionen Euro. Grund hierfür waren Zuwächse bei der Abwicklung von Wertpapiertransaktionen und bei Eurex-Zinsprodukten.

Freude bereitete der Börse in der ersten Jahreshälfte einmal mehr die Abwicklungstochter Clearstream, die Derivatebörse Eurex dagegen, in früheren Jahren eines der Zugpferde des Konzerns, musste in Teilbereichen Federn lassen und einen leichten Rückgang hinnehmen. Die Kosten hat Kengeter nach Einschätzung von Investoren gut im Griff. Die Börse wachse maßvoll, aber stetig, auch wenn das aktuelle Kapitalmarktumfeld eine Belastung sei, hieß es von einem Großanleger.

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