Reuters

Parteien schlagen vor Jamaika-Sondierungen Pflöcke ein

15.10.2017
um 14:46 Uhr

Berlin (Reuters) - Wenige Tage vor dem Start der Sondierungen einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen versuchen die Beteiligten Pflöcke einzuschlagen.

FDP-Chef Christian Linder knüpfte am Wochenende die Bildung einer schwarz-gelb-grünen Koalition an die Abschaffung des Solidaritäts-Zuschlags. Grünen-Chef Cem Özdemir lehnt die von der Union verlangten Begrenzungen für den Flüchtlingszuzug ab. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erhebt Anspruch auf ein Ministeramt in der künftigen Bundesregierung. Die FDP pocht darauf, das Finanzministerium zu besetzen.

Am Mittwoch starten die Sondierungen zunächst mit Zweiertreffen. Erst am Freitag kommen alle drei Parteien erstmals zu gemeinsamen Gesprächen zusammen. Gerechnet wird mit mehreren Sondierungsrunden bevor grünes Licht für Koalitionsverhandlungen gegeben werden könnte. Zuletzt haben sich FDP und Grüne skeptisch gezeigt, ob vor Weihnachten die Bildung einer neuen Bundesregierung gelingen könnte.

"Ein Jamaika-Steuerkonzept kann es nur geben, wenn es das Ende des Solidaritätszuschlages umfasst, ohne dass den Menschen das Geld an anderer Stelle wieder aus den Taschen gezogen wird", sagte Lindner der "Bild am Sonntag" (BamS). Im "Spiegel" beanspruchte der stellvertretende Parteichef Wolfgang Kubicki das Amt des Finanzministers für seine Partei. Ersten Zugriff auf das Amt habe Lindner. Allerdings gibt es sowohl in der Union und auch bei den Grünen Stimmen, die das Finanzressort nicht den Freidemokraten überlassen wollen.

ÖZDEMIR RELATIVIERT UNIONS-FORDERUNG NACH OBERGRENZE

In der "Welt am Sonntag" (WamS) sagte Özdemir zur Forderung der Union, die Netto-Zuwanderung aus humanitären Gründen pro Jahr auf 200.000 Menschen zu begrenzen: "Es muss einen Kompromiss geben, in dem sich jedoch alle wiederfinden können." Die Grünen lehnen Obergrenzen für Flüchtlinge entschieden ab. Özdemir warnte davor, sich bei dem Koalitionsverhandlungen nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen. "Das wird es nicht tragen."

Der CSU-Politiker Herrmann erhob in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" den Anspruch auf einen Ministerposten. Dass er kein Bundestagsmandat habe, spreche dem nicht entgegen: "Das ist sicherlich kein K.O.-Kriterium. In der WamS sprach sich die NRW-Heimatministerin Ina Schnarrenbach zudem dafür aus, auch auf Bundesebene ein Heimat-Ressort zu schaffen.

Zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Özdemir kam es zu einem Schlagabtausch in der Verkehrspolitik. Der Grünen-Chef wies Vorwürfe der Kanzlerin zurück, die Grünen seien eine Verbotspartei: "Ein Missverständnis der Bundeskanzlerin muss vor Beginn der Sondierungen ausgeräumt werden: Wir Grüne kämpfen entschlossen gegen die Fahrverbote, die wegen des Nichtstuns und der Ignoranz ihres bisherigen Verkehrsministers Alexander Dobrindt, Deutschlands unfähigsten Ministers, drohen." Am Freitag hatte Merkel die Grünen als Verbotspartei attackiert. So sei von einem Verbot des Verbrennungsmotors die Rede und von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge.

Vor Beginn der Gespräche über die Chancen für eine Jamaika-Koalition fiel die Union in einer Umfrage auf den tiefsten Stand seit sechs Jahren. Im Emnid-Sonntagstrend für "BamS" kamen CDU/CSU auf 31 Prozent. Für die SPD sprachen sich 21 Prozent aus, für die AfD zwölf Prozent, für die FDP elf Prozent und für Grüne und Linke jeweils zehn Prozent.

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