Reuters

Unionspolitiker fürchten um "schwarze Null" im Jamaika-Bündnis

22.10.2017
um 11:47 Uhr

Berlin (Reuters) - Angesichts milliardenschwerer Wünsche der beteiligten Parteien an einer möglichen Jamaika-Koalition sorgen sich Politiker der Union um die Zukunft der "schwarzen Null".

"Der Koalitionsvertrag ist kein Wünsch-dir-was", sagte der CDU-Haushaltspolitiker Eckardt Rehberg der "Bild"-Zeitung (Samstagausgabe). Nach Ansicht des Wirtschaftsflügels der Union sollten sich die möglichen Jamaika-Koalitionspartner auf einen Schuldenabbau von bis zu zehn Milliarden Euro im Jahr verpflichten. Am Dienstag wollen CDU, CSU, FDP und Grüne in ihren Sondierungsgesprächen erstmals über Finanzen sprechen.

Aus Teilnehmerkreisen verlautete, dass es in der ersten großen Verhandlungsrunde am Freitag ein allgemeines Verständnis darüber gab, die "schwarze Null", also einen Staatshaushalt ohne neue Schulden, nicht anzutasten. Wie groß der finanzielle Spielraum für die neue Regierung tatsächlich sei, solle erst nach der kommenden Steuerschätzung besprochen werden. Diese ist für den 7. bis 9. November geplant.

Rehberg wiederholte, dass es mit der Union keine neuen Schulden geben werde. Der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU, Carsten Linnemann, sagte den Blättern des Redaktionsnetzwerkes Deutschland, dass sich die beteiligten Parteien an einem Jamaika-Bündnis zu einem jährlichen Schuldenabbau von fünf bis zehn Milliarden Euro bekennen sollten. Um zugleich bei Investitionen einen Anreiz zu geben, sollte der Bund zügig seine Aktien der Deutschen Telekom verkaufen. Der zweistellige Milliardenerlös sollte dann in den Ausbau des Glasfasernetzes investiert werden. "Grüne und FDP sind schon jetzt dieser Meinung. Wir als Mittelstandsvereinigung fordern das auch. Dann stünde so für Jamaika sogar noch eine zusätzliche Einnahmequelle bereit."

Auch CSU-Chef Horst Seehofer verlangte die Investition eines zweistelligen Milliardenbetrages in den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin wiederum hatte zuletzt gefordert, Investitionen den Vorrang vor den von CDU und FDP angepeilten Steuererleichterungen zu geben.

Unionskreisen zufolge hat die künftige Bundesregierung für neue Projekte einen finanziellen Spielraum von 30 Milliarden Euro zur Verfügung, wenn sie im Haushalt ohne neue Schulden auskommen will. Der scheidende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat seit 2014 die "schwarze Null" verteidigt. Am Dienstag soll er bei der konstituierenden Sitzung des Parlaments zum neuen Bundestagspräsidenten gewählt werden.

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