Reuters

Börsen-Chef Kengeter nimmt wegen Insider-Affäre seinen Hut

26.10.2017
um 16:01 Uhr

- von Andreas Framke

Frankfurt (Reuters) - Paukenschlag bei der Deutschen Börse: Carsten Kengeter, der seit Monaten unter Insiderhandel-Verdacht stehende Vorstandschef, tritt zum Jahreswechsel zurück.

Das teilte das Unternehmen am Donnerstag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats in Eschborn bei Frankfurt mit. Kengeter werde das Unternehmen noch bis zum 31. Dezember führen. Zur Nachfolge des 50-jährigen ehemaligen Investmentbankers, der 2015 auf dem Chefsessel der Börse Platz genommen hatte, wurde zunächst nichts mitgeteilt.

Zuletzt hatten Insider dem bisherigen Finanzchef Gregor Pottmeyer die besten Chancen eingeräumt, wenigstens für eine Übergangszeit. Aber auch andere Vorstandsmitglieder wurden genannt. Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte zu Reuters, die Börse benötige nun einen nicht nur in der Branche gut vernetzten Chef, sondern einen Top-Manager, der auch intensive Beziehungen zur Landes- und Bundespolitik habe. Denn die Politik hat bei der Börse einen großen Einfluss. "Für die Deutsche Börse AG gilt es nach der britischen "Brexit"-Entscheidung jetzt, die führende europäische Börse zu werden", sagte Nieding.

An den Finanzmärkten wurde die Aussicht auf einen personellen Neuanfang mit Erleichterung aufgenommen. Die im Leitindex Dax notierte Börse-Aktie verteuerte sich um fast ein Prozent. Nach Handelsschluss werden auch noch die Quartalszahlen des Konzerns erwartet.

WIE GEHT ES WEITER?

Der Druck auf Kengeter war zuletzt massiv gestiegen: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hatte erst Anfang der Woche die Ermittlungen gegen ihn wieder aufgenommen, nachdem zuvor ein Deal mit der Justiz am Widerspruch des zuständigen Gerichts gescheitert war. Sowohl im Aufsichtsrat als auch bei großen Aktionären der Börse hatten sich zuletzt die Stimmen gemehrt, die eine Ablösung Kengeters forderten. Der durch die Affäre enstandene Imageschaden für die Börse sei zu groß.

Kengeter wird vorgeworfen, er habe Aktien der Deutschen Börse erworben, um von Kursgewinnen zu profitieren - als er bereits plante, die Londoner Börse LSE zu übernehmen. Dieses Vorhaben war später gescheitert. Kengeter beteuert bis heute seine Unschuld. Aufsichtsratschef Joachim Faber, der das umstrittene Aktienoptionsprogramm auf den Weg brachte, hatte sich lange hinter Kengeter gestellt. Allerdings war der Druck zuletzt auch auf Faber gestiegen - intern wie extern.

Der Deal mit der Staatsanwaltschaft sah die Einstellung des Verfahrens gegen eine Zahlung von 500.000 Euro durch Kengeter vor. Das Amtsgericht Frankfurt durchkreuzte die Pläne. Insider hatten daraufhin die Chanchen auf eine Verlängerung des Ende März 2018 auslaufenden Vertrages für den Manager als mehr oder weniger gleich null bezeichnet.

Doch selbst wenn der Deal geklappt hätte, wäre Kengeter noch nicht vom Haken gewesen. Denn die Finanzaufsicht BaFin und die hessische Börsenaufsicht in Wiesbaden wollten anschließend ihrerseits die Zuverlässigkeit Kengeters in zwei getrennten Verfahren prüfen. Insidern zufolge gibt es in beiden Behörden wegen der Affäre Zweifel an Kengeters Eignung für den Job. Die BaFin hatte Insidern zufolge in einer Stellungnahme an das Amtsgericht den Deal kritisiert und insbesondere die Höhe der Zahlung als zu niedrig bezeichnet. Eine Sprecherin der BaFin wollte sich am Donnerstag nicht zum Rücktritt Kengeters äußern. Auch das Wirtschaftsministerium in Wiesbaden, in dem die hessische Börsenaufsicht angesiedelt ist, wollte sich zunächst nicht äußern.

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