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Creditreform - Firmenpleiten auf niedrigstem Stand seit 1994

12.12.2017
um 11:36 Uhr

München/Berlin (Reuters) - In Deutschland gehen so wenige Unternehmen pleite wie seit 23 Jahren nicht mehr.

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform registrierte im zu Ende gehenden Jahr 20.200 Firmeninsolvenzen, wie sie am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Das waren 6,3 Prozent weniger als 2016. Geringer war die Zahl mit 18.820 zuletzt im Jahr 1994. Im Vergleich zum Höchststand von 2003 hat sie sich fast halbiert. Dabei kommen den deutschen Unternehmen die niedrigen Zinsen zugute, die sie auch bei hoher Verschuldung kaum belasten. Auch die Zahl der Privatinsolvenzen ging zurück. 72.100 Verbraucher meldeten Insolvenz an, 6,7 Prozent weniger als 2016.

Die Firmenpleiten dürften 2017 auch offiziellen Daten zufolge das achte Jahr in Folge sinken. In den ersten drei Quartalen meldeten die Amtsgerichte knapp 15.200 Unternehmensinsolvenzen - acht Prozent weniger als vor Jahresfrist, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Grund dafür ist der seit 2010 anhaltende Wirtschaftsaufschwung. Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger bezifferten die Amtsgerichte auf rund 18,0 Milliarden Euro, was rund 3,4 Milliarden Euro weniger sind als ein Jahr zuvor.

Trotz des günstigen Kreditumfelds reichten einer Analyse von Creditreform zufolge in den vergangenen drei Jahren die operativen Gewinne (Ebit) bei 15,4 Prozent der Firmen im Schnitt nicht aus, um die laufenden Zinsen zu finanzieren. Sie lebten demnach von der Substanz. Ein Zinsanstieg würde die Lage verschärfen. Bei einem um drei Prozentpunkte höheren Zinsniveau für langfristige Kredite würde für fast jede fünfte Firma die Decke zu kurz, wie Creditreform aus den Bilanzdaten von 7400 Unternehmen errechnet hat. Ein Zinsanstieg um 1,5 Prozent und ein gleichzeitiger Gewinnrückgang um 20 Prozent hätten fast den gleichen Effekt.

Unternehmenspleiten kosteten oder gefährdeten in diesem Jahr laut Creditreform 198.000 (Vorjahr: 221.000) Arbeitsplätze, mit Abstand die meisten bei der Fluggesellschaft Air Berlin mit 8600 Beschäftigten. Die Essener Leiharbeitsfirma Tempton war mit 6000 Mitarbeitern die zweitgrößte Insolvenz, gefolgt vom Küchenbauer Alno und der Hamburger Reederei Rickmers (je 2200) sowie der Bonner SolarWorld (1850). Das Gros der Pleiten entfällt aber mit 82,7 Prozent weiterhin auf Firmen mit maximal fünf Mitarbeitern. Insgesamt blieben die Gläubiger durch Unternehmenspleiten auf rund 26,6 (Vorjahr: 27,5) Milliarden Euro sitzen.

Die geringste Insolvenzquote aller Bundesländer hat auch 2017 Baden-Württemberg, wo 38 von 10.000 Unternehmen pleite gingen. In Berlin, dem Spitzenreiter, sind es 93 von 10.000.

Insgesamt zählte Creditreform 116.000 Insolvenzen in Deutschland, der siebte Rückgang in Folge und der niedrigste Stand seit 2003.