Reuters

Neuer RTL-Chef setzt verstärkt auf Online-Videos

07.03.2018
um 14:01 Uhr

München (Reuters) - Der europäische Fernsehkonzern RTL setzt unter seinem neuen Chef Bert Habets angesichts schrumpfender Werbemärkte im traditionellen Fernsehen auf werbefinanzierte Online-Videos.

"Trotz einer florierenden Konjunktur sind die europäischen TV-Werbemärkte eine Herausforderung - das ist für uns ein sehr klares Signal, unsere Strategie noch schneller umzusetzen", sagte der Niederländer am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir müssen unsere Geschäftsmodelle schnell anpassen." Er hatte im Dezember die alleinige Führung von RTL übernommen. RTL werde seine Online-Angebote, mit denen man sich direkt an die Endkunden richtet, in all den Ländern deutlich ausbauen, in denen der Konzern eine große Senderkette hat.

Habets will das Modell, das er in den Niederlanden mit "Videoland" erfolgreich umgesetzt hat, auf Deutschland, Frankreich, Belgien und Osteuropa übertragen. In Deutschland sind die meisten RTL-Sendungen auf der Plattform "TV now" mit Werbeunterbrechungen abrufbar. Anders als die neuen US-Rivalen Amazon und Netflix setzt RTL dabei auf Serien und Filme, die auf die nationalen Märkte zugeschnitten sind. Diese seien auch der Grund, warum der Konzern im klassischen Fernsehgeschäft vor allem in Deutschland und Frankreich besser abgeschnitten habe als die Konkurrenz, sagte Habets.

Trotz schrumpfender oder stagnierender Werbemärkte legte der Umsatz der RTL Group 2017 um 2,2 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro zu. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kletterte um 3,8 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro, allerdings nur dank des Verkauf einer Immobilie in Paris. In Deutschland gab es mit 743 (2016: 718) Millionen Euro das sechste Rekordergebnis in Folge. Auch die Produktionsfirma Fremantle legte deutlich zu.

Vor allem junge Menschen wandern vom Fernsehen ins Internet ab, wo sie Filme und Spielshows jederzeit abrufen können. Mit Fernsehwerbung erwirtschaftet RTL nur noch 47,5 Prozent seiner Erlöse, beim deutschen Rivalen ProSiebenSat.1 sind es 49 Prozent. Trotzdem brach der RTL-Chef eine Lanze für seinen größten Ertragsbringer: "Das lineare Fernsehen ist, wenn es darum geht, hohe Reichweiten in kurzer Zeit aufzubauen und neue Marken bekannt zu machen, immer noch konkurrenzlos." Das werde gerade in Europa auch so bleiben.

Für das laufende Jahr sagt RTL Umsatzzuwächse zwischen 2,5 und fünf Prozent voraus. Das operative Ergebnis werde sich aber nur dann weitestgehend halten lassen, wenn man den 94 Millionen Euro schweren Sondereffekt aus dem Vorjahr herausrechne. Die im Nebenwerteindex MDax notierte RTL-Aktie fiel in einem kaum veränderten Marktumfeld um 2,8 Prozent.

Die Aktionäre, darunter der Haupteigner Bertelsmann, erhalten für 2017 eine Schlussdividende von drei Euro je Aktie. Im September hatte RTL bereits einen Euro als Zwischendividende ausgeschüttet.

Amazon.com Inc.

WKN 906866 ISIN US0231351067

Netflix Inc.

WKN 552484 ISIN US64110L1061

ProSiebenSat.1 Media SE

WKN PSM777 ISIN DE000PSM7770

RTL Group S.A.

WKN 861149 ISIN LU0061462528