Reuters

Dish-Chef Ergen - Um T-Mobile US zockt ein Pokerprofi

23.06.2015
um 15:56 Uhr
- von Peter MaushagenFrankfurt (Reuters) - Die Zukunft der 50 Milliarden Dollar schweren Telekom-Tochter T-Mobile US liegt in den Händen eines Pokerspielers. Als solcher zog Charlie Ergen, Chef des US-Satellitenfernsehkonzerns Dish, früher durch die Casinos der Vereinigten Staaten. Obwohl seine professionelle Poker-Karriere lange zurückliegt, prägt sie bis heute sein Auftreten. Geschäftspartner rätseln in Verhandlungen, ob der 62-jährige blufft oder doch ein Full House in der Hand hat. "Der Einzige, der weiß was Charlie als nächstes tut, ist Charlie", sagt ein enger Vertrauter. Derzeit versucht er, der Telekom das Amerika-Geschäft für einen möglichst niedrigen Preis abzuluchsen. In die Karten schauen lässt Ergen sich dabei nicht. Der Medienmogul ist trotz eines Vermögens von geschätzt 19 Milliarden Dollar bis heute ein Pfennigfuchser. Berühmt sind Geschichten, wie Dish-Angestellte ihre Spesen nicht zurückbekamen, weil sie zu viel Trinkgeld gaben. Oder wie Ergen sich bis vor kurzem auf Dienstreisen ein Zimmer mit Angestellten teilte. Mit seiner Frau wohnt er seit zwanzig Jahren im gleichen Haus in Denver. Dort zogen die beiden fünf Kinder groß. Ungewöhnlich war sein Weg von Anfang an: Zur Welt kam er 1953 in einer Kleinstadt in Tennesse, in der wenige Jahre zuvor unter vollkommener Geheimhaltung die Atombombe gebaut worden war. Sein aus Österreich stammender Vater arbeitete als Physiker an dem Projekt. Nach dem Finanzstudium nahm Ergen Junior einen Job als Buchhalter beim Snack-Hersteller Frio-Lay an. Der Job langweilte ihn. Bald suchte er als professioneller Blackjack- und Pokerspieler sein Glück in den Casinos.ERZFEIND RUPERT MURDOCH Auf der Suche nach einer Geschäftsidee stieß Ergen Anfang der 80er Jahre auf das damals neue Satellitenfernsehen. Zusammen mit einem Poker-Kumpanen gründete er den Dish-Vorläufer Echostar und verkaufte zunächst vor allem im Colorado Empfangsschüsseln. Der Bundesstaat eignete sich besonders dafür, da dort der TV-Empfang wegen der vielen Berge verrauscht war. Echostar wuchs schnell und nutze technische Fortschritte aus. Im Jahr 1990 Jahren etwa setze die Firma auf kleinere Satellitenschüsseln und schoss wenig später eigene Satelliten ins All.Auf seinem Weg nach oben machte Ergen sich viele Feinde. Einer der größten ist bis heute Rupert Murdoch. Der Rivale griff 2001 nach dem Dish-Konkurrenten DirectTV. Ergen funkte mit einem Gegenangebot dazwischen und machte den Deal für Murdoch deutlich teurer. Umstritten war auch die Einführung einer neuen Dish-Empfangsbox, die Fernsehwerbung ausblendet. Mit der Erfindung wurde er zum meistgehassten Mann in Hollywood. Ohne Werbung funktioniert das Geschäftsmodell der TV-Sender nicht. Wegen seines Geschäftsgebarens machen manche Unternehmer und Banker einen großen Bogen um Ergen. Er verhandelte über den Kauf vieler Firmen wie etwa des Mobilfunkers Sprint oder des Streaming-Dienstes Hulu - und sprang in letzter Minute ab. Ähnlich lief es beim geplanten Verkauf von Dish selbst an den Telefon-Branchenriesen AT&T. Der Deal war so gut wie unter Dach und Fach, bis der Dish-Patriarch alles hinwarf. STREIT UM DEN WERT VON FREQUENZENIm Poker um T-Mobile hat der Milliardär den Einsatz erhöht. Dish deckte sich über Jahre massenweise mit Funkfrequenzen ein, teilweise zu Schnäppchenpreisen. Das Spektrum ist heute viel wert, da Smartphones und Tablets ohne sie keine Daten empfangen können. Dish verfügt aber über kein Mobilfunknetz und der Bau von Antennen im ganzen Land wäre ruinös teuer. Deshalb rätselt die gesamte Telekom-Branche in den USA über Ergens Absichten. Nicht genug: Im Winter kaufte für 13 Milliarden Dollar neue Frequenzen – nur AT&T gab mehr aus. "Damit hat er den Wert seiner alten Frequenzen auch noch gesteigert - genial ist das schon", sagt der Chef eines deutschen Mobilfunkers anerkennend. Nach Angaben der Analysten von New Street Research ist das Funkspektrum etwa 60 Milliarden Dollar wert.In Sachen Bewertung will sich die Telekom-Führung aber nicht über den Tisch ziehen lassen - schließlich hat sich das einstige Sorgenkind T-Mobile US nach hohen Investitionen zur Wachstumslokomotive gewandelt. Poker-Profi Ergen hält seine Karten auch in den Verhandlungen mit Telekom-Chef Tim Höttges bedeckt - und wartet auf den nächsten Spielzug.

AT & T Inc.

WKN A0HL9Z ISIN US00206R1023

Deutsche Telekom AG

WKN 555750 ISIN DE0005557508

Dish Network Corp.

WKN A0NBN0 ISIN US25470M1099
Dish Network Corp. Chart
Dish Network Corp. Chart

Verizon Communications Inc.

WKN 868402 ISIN US92343V1044