Reuters

INTERVIEW-Neuer Chef will T-Systems grundlegend umbauen

16.03.2018
um 17:06 Uhr

- von Douglas Busvine und Matthias Inverardi

Frankfurt (Reuters) - Die kriselnde Telekom-Großkundensparte T-Systems steht unter ihrem neuen Chef Adel Al-Saleh vor einem grundlegenden und schnellen Umbau.

Er will so für Wachstum sorgen - aber auch die Kosten ins Visier nehmen. Der 54-jährige stimmt die Beschäftigten bereits darauf ein, dass es künftig deutlich mehr Mitarbeiter in Indien geben soll, wo die Kosten niedriger sind.

"Es gibt eine Reihe von Themen, die wir sehr schnell angehen müssen. Das Unternehmen muss sich rasch ändern", sagte Al-Saleh, der zu Jahresbeginn sein Amt übernommen hatte, in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Dies müsse innerhalb der nächsten zwölf bis 24 Monate geschehen. Der Vertrieb müsse am Kunden ausgerichtet, Wachstumsfelder genau identifiziert und der Tanker T-Systems nach diesen ausgerichtet werden. Die Aktien des Mutterkonzerns Telekom notierten am Nachmittag mit einem Plus von mehr als einem Prozent bei 13,29 Euro.

Al-Saleh sagte, auch die Zusammensetzung der Belegschaft müsse sich verbessern. Aktuell verfüge T-Systems - anders als Wettbewerber - nicht über genug Mitarbeiter in Ländern mit niedrigeren Kosten. "Wir brauchen mehrere Tausend Mitarbeiter in Indien - die wir aktuell nicht haben", betonte Al-Saleh. "Die Kostenstrukturen bei T-Systems sind eine Herausforderung." Das Unternehmen sei zu komplex. Um dies zu ändern, wolle er auch mit den Sozialpartnern zusammenarbeiten. Allerdings werde T-Systems seine Wurzeln nicht kappen. "Wir sind und bleiben ein großer Arbeitgeber in Deutschland", unterstrich er.

Al-Saleh sieht keinen Grund, warum T-Systems nicht die Performance abliefern sollte, die erwartet wird: "Das ist die Rückkehr zum Wachstum, ein positiver Cash-Flow und ein positiver Ergebnisbeitrag für die Deutsche Telekom", betonte der Manager. Beim Vertrieb hat er bereits angesetzt. Dieser wird an den vier Kunden-Bereichen Deutschland, öffentliche Aufträge, Internationale Märkte sowie Automobil und Industrie ausgerichtet. In der Vergangenheit hätten Mitarbeiter nur etwa zehn Prozent ihrer Arbeitszeit beim Kunden verbracht und sich sonst mit internen Arbeiten beschäftigt. Dies müsse sich ändern, 25 bis 30 Prozent seien in der Branche üblich. Auch andere Strukturen des Unternehmens müssten sich ändern. T-Systems sei weit mehr als das klassische IT-Outsourcing-Geschäft, das stark unter Druck steht. T-Systems stehe auch für Wachstumsgeschäfte wie Cloud- und Sicherheitslösungen.

"Wir müssen sehr präzise bestimmen, was zum Kerngeschäft gehört - und was nicht", kündigte Al-Saleh an. "Wir werden sehr klar identifizieren, welche unserer elf bis zwölf Portfolien wachsen werden oder das nicht tun oder sich stabil entwickeln." Aktuell gebe es zu wenige Wachstumsbereiche. Dies müsse sich ändern.

Der US-Amerikaner Al-Saleh will auch das Digital-Geschäft voranbringen. Dazu prüft er die Einrichtung einer neuen Struktur innerhalb von T-Systems, die rund 4000 Mitarbeiter umfassen könnte. "Wir können Firmen in Deutschland und Europa bei der Digitalisierung begleiten", sagte er. T-Systems könne dabei Beratung, digitale Dienstleistungen und Umsetzung aus einer Hand anbieten. Bislang geschieht dies etwa über die Bereiche Detecon und MMS. Eine neue Digital-Einheit könnte dabei einen Milliarden-Markt beackern: Der Konzern sieht einem internen Dokument zufolge ein Marktvolumen in Europa von 40 Milliarden Euro - und Wachstumsraten von 20 Prozent.

Der frühere IBM-Manager Al-Saleh hatte sein Amt zu Jahresbeginn übernommen. Der Bonner Konzern hat dabei hohe Erwartungen an den Manager: "Adel hat bewiesen, dass er Unternehmen auf Kurs bringen kann", hatte Telekom-Chef Tim Höttges gesagt. Al-Saleh gilt in der Branche als Sanierer - er hatte die britische Northgate Information Solutions neu ausgerichtet - und hat auch Erfahrung mit Restrukturierungen und Unternehmensverkäufen. Er habe aber auch Erfahrung damit, Unternehmen auf Wachstum auszurichten, sagte er Reuters.

Der Umsatz der Telekom-Sparte T-Systems mit knapp 38.000 Mitarbeitern war 2017 um 1,1 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro gesunken, zudem belastete im dritten Quartal eine Milliarden-Abschreibung auf das Geschäft die Telekom. Die Tochter hatte Großkunden verloren, darunter Thyssenkrupp. T-Systems hatte in der Vergangenheit stark auf das klassische IT-Outsourcing-Geschäft gesetzt. Doch viele Unternehmen vergeben hier nur noch kleine Aufträge, die Margen sinken, viele setzen zudem auf die Cloud.

Deutsche Telekom AG

WKN 555750 ISIN DE0005557508

thyssenkrupp AG

WKN 750000 ISIN DE0007500001