Reuters

Springer gibt nach Werbeblocker-Schlappe vor BGH nicht auf

19.04.2018
um 18:51 Uhr

Karlsruhe/Berlin (Reuters) - Der Verlagskonzern Axel Springer hat im Kampf gegen sogenannte Werbeblocker im Internet eine juristische Niederlage hinnehmen müssen.

Das Anbieten solcher Technologien zum Herausfiltern von Reklame ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zulässig. Demnach darf auch bei Online-Zeitungen die Werbung herausgefiltert werden. Damit wies der BGH die Springer-Klage gegen den Kölner Werbeblocker-Anbieter Eyeo in letzter Instanz ab. Doch der Medienriese gibt nicht auf: Kurz nach der Urteilsverkündung am Donnerstag kündigte Springer Verfassungsbeschwerde an. Es gehe es um einen Eingriff in den Kern der freiheitlichen Medienordnung, erklärte Springer. Die Pressefreiheit werde verletzt.

Die Entscheidung war von den Zeitungsverlagen mit großer Spannung erwartet worden, weil sie ihre Online-Angebote über Reklame finanzieren. Werbeblocker gefährdeten das digitale Presseangebot im Internet, hatte Springer in der Verhandlung argumentiert. Doch der BGH erklärte, der Medienkonzern habe keinen Unterlassungsanspruch: Da Nutzer den Filter aktiv installieren müssen, liege keine direkte Geschäftsbehinderung seitens des Anbieters vor. Im übrigen könne sich Springer wehren, indem der Verlag Nutzern mit Werbeblockern den Zugang zu seinen Online-Zeitungen verweigere.

Eyeo bietet kostenlos für Nutzer einen Werbeblocker an. Mit der Technologie werden alle Anzeigen, die in einer sogenannten Blacklist aufgenommen sind, herausgefiltert. Allerdings können Werbetreibende ihre Anzeigen gegen Gebühr freischalten lassen. Dazu fertigt Eyeo dann eine entsprechende Whitelist an. Nach Angaben des Unternehmens wird nur nicht-aggressive Werbung in die Whitelist aufgenommen. Aus den Zahlungen großer Konzerne wie Google für die Aufhebung der Sperre finanziert sich wiederum der Werbeblocker.

"Wir halten die Entscheidung des Bundesgerichtshofs für falsch", erklärte der Leiter Medienrecht bei Springer, Claas-Hendrik Soehring. Das Blockieren von Werbung über das sogenannte Blacklisting sei rechtswidrig. "Wir sehen im heutigen Urteil eine Verletzung der über Artikel 5 Grundgesetz geschützten Pressefreiheit, weil Werbeblocker die Integrität von Onlinemedien und deren Finanzierung gezielt zerstören." Programme wie "AdblockPlus" gefährdeten die Qualität sowie die Vielfalt von Informationsangeboten und verletzen damit auch die Interessen der Allgemeinheit.

Auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) sieht das Finanzierungsmodell für Online-Journalismus in Gefahr und reagierte mit Unverständnis auf das Urteil. "Dadurch würde jedes Finanzierungsmodell für journalistische Inhalte im Netz, das auf die Einnahmen von digitaler Werbung setzt, massiv gefährdet", erklärte BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff.

Springer-Kontrahent Eyeo zeigte sich dagegen "extrem zufrieden". Das BGH-Urteil bestätige die Entscheidungen anderer Gerichte, nach denen die Menschen in Deutschland das Recht auf das Blockieren von Werbung haben. Nach der BGH-Entscheidung könne auch die Whitelist eingesetzt werden, um bestimmte Reklame zum Nutzer gelangen zu lassen.

In dem Angebot dieser Whitelist hatte dagegen das Oberlandesgericht Köln eine aggressive Geschäftspraxis gesehen und diese Entsperrungsmöglichkeit untersagt. Dem folgte der BGH nicht. (AZ: I ZR 154/16)

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