Reuters

Umbau statt Übernahmen - Allianz-Chef muss sich bescheiden

15.05.2018
um 13:26 Uhr

- von Alexander Hübner

München (Reuters) - Allianz-Chef Oliver Bäte kommt mit seinen ehrgeizigen Plänen für Europas größten Versicherer nicht recht voran.

Vor allem beim Thema Zukäufe macht sich fast genau drei Jahre nach seinem Amtsantritt Ernüchterung in der Münchner Allianz-Zentrale breit. Bäte hatte wegen der hohen Preise für Versicherer eine "Fusion unter Gleichen" ins Spiel gebracht, doch Finanzvorstand Giulio Terzariol trat am Dienstag Spekulationen über eine große Übernahme entgegen: "Das ist zurzeit nicht unsere Priorität Nummer eins", sagte der Italiener dem Sender Bloomberg TV. "Wir konzentrieren uns auf operative Verbesserungen", kündigte er nach einem Ergebnisrückgang im Auftaktquartal an.

Bätes neue Baustelle ist die Schaden- und Unfallversicherung, mit deren Wachstum er unzufrieden ist. Die Vermögensverwaltung hat erst vergangenes Jahr das Vertrauen der Kunden zurückgewonnen. Der operative Konzerngewinn tritt mit 11,1 Milliarden Euro in diesem Jahr voraussichtlich zum dritten Mal in Folge auf der Stelle. Und die Eigenkapitalrendite von 13 Prozent, die Bäte vor drei Jahren für 2018 in Aussicht gestellt hatte, wird die Allianz nicht ganz erreichen, wie Terzariol nun überraschend einräumte.

Analysten trauen der Allianz im Schnitt einen operativen Gewinn von gut 11,5 Milliarden Euro zu. "Wir halten die Prognose für den Betriebsgewinn für konservativ", schrieb Daniel Bischof von der UBS. Das sei in den vergangenen Jahren auch so gewesen. Doch der Versicherungsriese verweist auf den starken Euro, der das operative Ergebnis belastet: Im ersten Quartal schrumpfte es um sechs Prozent auf 2,8 Milliarden Euro, lag damit aber noch im Rahmen der Markterwartungen. Bis zum Jahresende summierten sich die negativen Währungseffekte auf rund 300 Millionen Euro, sagte Terzariol.

Beim Nettogewinn profitierte die Allianz dagegen von der Senkung der Unternehmensteuern in den USA: Er stieg von Januar bis März um vier Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Daraus ergab sich eine Eigenkapitalrendite von 13,8 Prozent. Insgesamt bringt die Steuerreform der Allianz in diesem Jahr rund 300 Millionen Euro.

LETZTER AUSWEG: AKTIENRÜCKKAUF

Weil er das Geld für große Zukäufe nicht ausgeben kann, hat Bäte die Anteilseigner mit zwei Aktienrückkäufen besänftigt - obwohl er einst wenig davon gehalten hatte. Die letzten zwei Milliarden Euro hat die Allianz binnen vier Monaten an der Börse eingesammelt, die Aktien werden eingezogen. Damit schlägt sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Das Eigenkapital schrumpft, was wiederum die Rendite treibt. Und der Aktienkurs steigt: seit Bätes Amtsantritt um 25 Prozent, während der Dax nur halb so stark zulegte.

Als nächstes hat sich Bäte den größten Ertragsbringer, die Sachversicherung, vorgenommen. Sie wachse weniger stark als in den vergangenen Jahren, weil viele Allianz-Produkte zu komplex seien. "Wir müssen also einfacher werden. Und damit produktiver", forderte Bäte vor den Aktionären in der vergangenen Woche. "Das wird Zeit beanspruchen und Mühe bereiten. Es wird nicht immer geräuschlos vonstatten gehen." Für das laufende Jahr hat sein Finanzvorstand allerdings weniger Restrukturierungskosten eingeplant: 100 bis 300 Millionen Euro statt 450 Millionen 2017.

Im ersten Quartal wuchs die Sachversicherung bereinigt um Währungseffekte um fünf Prozent. Aber nachhaltig sei das nicht, betonte Terzariol. Mit 1,3 Milliarden Euro steuerte die Sparte im ersten Quartal fast die Hälfte des operativen Gewinns bei, obwohl sie der Sturm "Friederike" zu Jahresbeginn 220 Millionen Euro kostete. Die Schaden-Kosten-Quote näherte sich mit 94,8 (Vorjahr: 95,6) Prozent der Zielmarke von 94 Prozent. Er sei "sehr zuversichtlich", sie 2018 zu erreichen, sagte Terzariol. In der Lebens- und Krankenversicherung glänzte die deutsche Allianz Leben mit einem Ergebniszuwachs um 17 Prozent. In der Vermögensverwaltung flossen Pimco und Allianz Global Investors von Januar bis März zusammen 21 Milliarden Euro frische Mittel von den Anlegern zu. Das trieb die Gebühren nach oben, die den schwachen Dollar wett machten.

Währungs- und Konsolidierungseffekte knabberten auch am Umsatz, der um 0,7 Prozent auf 36,5 Milliarden Euro wuchs. Aus eigener Kraft hätte die Allianz einen Zuwachs von fünf Prozent erreicht.

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