Reuters

EZB-Aufseher verzichten wohl auf Regeln zum Abbau fauler Kredite

19.06.2018
um 17:56 Uhr

Brüssel/Sintra (Reuters) - In der Euro-Zone wird es womöglich für die Banken doch keine allgemeinen Regeln zum Abbau von faulen Altkrediten geben.

Nach starkem politischem Druck insbesondere aus Italien werden entsprechende ursprüngliche Pläne von den Bankenaufsehern der Europäischen Zentralbank (EZB) voraussichtlich nicht weiter verfolgt. Das signalisierte EZB-Chefkontrolleurin Daniele Nouy am Dienstag im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel. Ihren Worten zufolge dürften die Aufseher den Geldhäusern künftig in Einzelfallregelungen vorschreiben, wie sie ihre ausfallgefährdeten Darlehen zurückführen. Unter anderem in Italien hatten Banken zuletzt befürchtet, zu strenge allgemeine Vorgaben der Kontrolleure könnten nur schwer verkraftet werden. Frühere Vorschläge für neue Leitlinien waren daher auf starke Kritik gestoßen.

"Wir bewegen uns wahrscheinlich eher hin zu einem Vorgehen je nach Einzelfall, aber mit einigen Sicherheitselementen", sagte Nouy. Es gebe aber noch keine Entscheidung. Nouy stellte den Abgeordneten mehr Details im späteren Jahresverlauf in Aussicht. Ende 2017 schleppten die großen Geldhäuser in der Euro-Zone faule Kredite von 721 Milliarden Euro mit sich herum. Sie sind eine Hinterlassenschaft der jahrelangen Wirtschaftsflaute nach der Finanzkrise. Vor allem in Griechenland, Portugal und Italien ist das ein Problem, das den Banken zu schaffen macht.

Insidern zufolge wird derzeit noch um eine Lösung gerungen. Es müsse eine Balance gefunden werden zwischen der Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls und allgemeinen Vorgaben, sagte ein Insider. Wie zwei mit der Situation vertraute Personen sagten, wird unter anderem erwogen, den Geldhäusern mehrere Jahre Zeit zu geben für die Bildung von Rückstellungen und zugleich Ausnahmen zuzulassen. Eine Entscheidung werde für den Sommer erwartet.

SCHARFER GEGENWIND

Ursprünglich hatten die Aufseher Leitlinien für den Abbau der Altlasten bis Ende des ersten Quartals in Aussicht gestellt. Doch aus besonders betroffenen Staaten wie Italien kam starke Kritik, und so verzögerte sich das Vorgehen. Im April sagten Insider dann, wegen des starken politischen Gegenwindes überlege die Aufsicht sogar, allgemeine Abbau-Leitlinien ganz ad acta zu legen und stattdessen im Rahmen ihrer aktuellen Möglichkeiten Druck auf einzelne Banken auszuüben.

Die Aufseher hatten im März bereits Richtlinien zum Umgang mit Darlehen vorgelegt, die neu als ausfallgefährdet eingestuft werden. Sie verlangen, dass Banken künftig alle derartigen Darlehen stärker als bisher mit Rückstellungen abfedern müssen. Für den Altbestand an Problemkrediten gelten diese Leitlinien jedoch nicht. Experten zufolge sind sie aber das viel größere Problem.

Der Altbestand und neue Problemdarlehen müssten irgendwann gleich behandelt werden, sagte Nouy. Es sei schwer zu erklären, warum ähnliche Risiken unterschiedlich behandelt würden. "Wir müssen einen guten Weg finden, um sowohl ambitioniert und realistisch zu sein." Die EZB ist seit Herbst 2014 für die Aufsicht über die großen Banken im Währungsraum zuständig. Nouy verbleiben in ihrer Amtszeit nur noch wenige Monate, um eine Lösung für das Problem zu finden. Denn die Französin scheidet nach fünf Jahren zum Jahresende aus dem Amt.