Reuters

Personalkarussel im VW-Vorstand dreht sich

25.09.2015
um 13:46 Uhr

Hamburg/Stuttgart (Reuters) - Noch berät der VW-Aufsichtsrat in Wolfsburg über die neue Konzernführung - erste Informationen über weitere personelle Konsequenzen aus dem Abgas-Skandal nach dem Rücktritt von VW-Chef Martin Winterkorn sickern aber bereits durch.

So soll Seat-Chef Jürgen Stackmann im VW-Vorstand Christian Klingler als Vertriebschef ersetzen, berichtete die Zeitschrift "Auto Motor und Sport" am Freitag unter Berufung auf VW-Kreise. Audi-Chef Rupert Stadler, der als neuer VW-Finanzvorstand gehandelt worden war, werde dagegen vorerst auf seinem Posten bleiben. Den weltgrößten Autokonzern wieder auf die Spur bringen soll Porsche-Chef Matthias Müller an der Konzernspitze, wie Insider bereits am Donnerstag gesagt hatten. Um das kriselnde US-Geschäft werde sich künftig Skoda-Chef Winfried Vahland kümmern.

Im Schlepptau folgt wohl ein noch größeres Stühlerücken. Stackmanns Nachfolger als Seat-Chef werde der jetzige Audi-Vertriebschef Luca de Meo berichtete das Magazin weiter. Für dessen Posten sei wiederum Skoda-Vertriebsvorstand Werner Eichhorn im Gespräch. Winterkorn, der wegen der millionenfachen Manipulation von Abgas-Emissionen bei Dieselautos am Mittwoch seinen Hut nahm, will nach einem Bericht von "Spiegel Online" nicht vom Vorstandsposten beim VW-Hauptaktionär Porsche SE zurücktreten. Dieses Amt hatte er bisher in Personalunion inne. Eine Aufsichtsratssitzung der Porsche SE endete am Donnerstag, ohne dass Winterkorn das Amt niedergelegt hätte. Ein VW-Sprecher wollte zu all dem keinen Kommentar abgeben.

SCHLECHTE STIMMUNG VOR DEN WERKSTOREN

Wie viele Milliarden der in den USA aufgedeckte Betrug neben dem immensen Imageschaden den Konzern kosten wird, ist noch nicht absehbar. VW hatte nach internen Untersuchungen bekannt gegeben, dass weltweit bis zu elf Millionen Fahrzeuge mit der umstrittenen Software ausgestattet seien.

Vor den Werkstoren in Wolfsburg war die Stimmung jedenfalls gedrückt. "Ich hoffe, dass wir das Schlimmste jetzt hinter uns haben", sagte eine Mitarbeiterin der Umweltschutz-Abteilung. Ein Kollege von der Projektplanung erklärte, Müller sei eine gute Wahl. "Wir brauchen jetzt frischen Wind, deshalb ist der Machtwechsel wichtig", sagte er. Er befürchte, dass durch den Skandal Arbeitsplätze nicht nur bei VW, sondern in der gesamten deutschen Automobilindustrie in Gefahr seien. Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, warnte zum Abschluss der Automesse IAA in Frankfurt einmal mehr davor, wegen des Skandals alle Dieselautos zu verteufeln. "Es handelt sich bei diesem Vorgang in den USA, den wir sehr bedauern, nicht um ein prinzipielles Diesel-Problem", sagte Wissmann. Die Internet-Anzeigenbörse AutoScout24 stellte keine Auswirkungen auf Angebot oder Preise von VW-Diesel-Autos fest.

Aufgeflogen war der Skandal in den USA. VW hatte auf Druck der US-Umweltbehörde EPA am vergangenen Wochenende zugegeben, eine Software zur Manipulation von Abgaswertes eingesetzt zu haben. Nach Angaben der EPA könnte dies Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar für Volkswagen nach sich ziehen.

ERMITTLUNGEN WEITEN SICH AUS

Inzwischen nehmen die Ermittlungen in dem Skandal in den USA immer größere Dimensionen an. Mehrere Bundesstaaten schließen sich für die Untersuchung zusammen, wie die Staatsanwaltschaft von Illinois mitteilte. Mindestens 29 Staatsanwälte seien inzwischen dabei. Der Vorwurf: Volkswagen habe die Kunden getäuscht, die für ein vermeintlich umweltfreundliches Auto mehr gezahlt hätten. Dutzende Klagen sollen bei einem US-Bundesgericht in Kalifornien zusammengefasst werden. Laut "Handelsblatt" beauftragt VW die US-Kanzlei Jones Day mit der Aufarbeitung der Affäre. Neben Deutschland untersucht auch Italien nicht nur Dieselfahrzeuge von VW, sondern auch von anderen Herstellern auf Manipulationen hin. Zuletzt kündigten auch Norwegen und Indien Überprüfungen von VW-Modellen an.

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