Reuters

Autobranche setzt auf gute Geschäfte mit digitaler Mobilität

25.02.2019
um 10:22 Uhr

- von Irene Preisinger

Berlin (Reuters) - Die Mobilität der Zukunft klingt für Nutzer verlockend: Schneller, günstiger, komfortabler, umweltfreundlicher und individueller soll man künftig von A nach B kommen.

Ein eigenes Auto ist nicht nötig, es reicht eine App, die vom Leihfahrrad über den öffentlichen Nahverkehr bis hin zu Mitfahrdienst, Mietwagen, Flugzeug oder Robotaxi alle Angebote nahtlos miteinander verknüpft. "Mobility as a Service" (MaaS) heißt die Zauberformel, die künftig das Geschäft der Autobauer florieren lassen soll. Experten von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, schätzen, dass sich der Umsatz mit solchen Angeboten bis 2030 mehr als verzehnfacht. "Auf MaaS-Leistungen könnten 2030 rund 30 Prozent der Branchengewinne entfallen" - auf den Verkauf von Neuwagen dagegen nur noch 26 Prozent.

Für etablierte Autobauer, die sich das Geschäft mit der Mobilität nicht von jungen, schlagkräftigen Tech-Anbietern wie Uber, Lyft oder Didi wegschnappen lassen wollen, bedeutet dies, dass sie zweigleisig fahren müssen: weiter Hersteller und Verkäufer von Fahrzeugen sein und gleichzeitig digitale Dienstleister. Das ist anstrengend und teuer. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Autobauer verzetteln, warnen die Experten des Analysehauses Evercore ISI. Am Ende könne es sein, dass die Hersteller auf dem weiten Feld der Mobilität alles machten, aber nichts richtig. Doch eine andere Wahl haben die Konzerne aus Sicht von Fachleuten nicht, wenn sie nicht zu bloßen Hardware-Lieferanten heruntergestuft werden wollen.

"Die Mobilitätsrevolution bricht an, und die Autobauer müssen ihr Feld abstecken", schreiben die Experten von Strategy&. Der Wandel in der Autoindustrie komme in bisher nie dagewesenem Tempo, heißt es in der Analyse von Evercore ISI. "Die Hersteller sind verdammt, wenn sie in autonomes Fahren und Mobilitätslösungen investieren, und sie sind verdammt, wenn sie es nicht tun." Nach einigen Jahren des Experimentierens stellen viele große Hersteller jetzt die Weichen. Daimler und BMW zum Beispiel bündeln ihre Carsharing-, Fahr-, Park- und Ladedienste auf einer gemeinsamen Plattform und stecken mehr als eine Milliarde in die neue Firma. Auch Volkswagen oder Sixt tüfteln an entsprechenden Angeboten für die Rundumsorglos-Mobilität, denn es winken gute Geschäfte und, wenn die Durststrecke angesichts von Milliardeninvestitionen überwunden ist, auch gute Renditen.

SELBST FAHREN, MITFAHREN ODER GEFAHREN WERDEN

In Europa, den USA und China werde der Markt für Mobility as a Service bis 2030 schätzungsweise ein Gesamtvolumen von 1,4 Billionen US-Dollar erreichen, heißt es in der Studie von Strategy&. Daimler-Chef Dieter Zetsche sagt, in den nächsten zwei, drei, vier Jahren müsse man sich in diesem Markt positionieren - am besten an der Spitze. Die Verbindung aus alter Produkt-Welt und neuer Service- und Tech-Welt werten die Autobauer als Vorteil. Für den Weg von A nach B brauche man schließlich eine physische Möglichkeit, sagt Zetsche. "Das ist unsere Stärke." Daimler und BMW böten ihrer Kundschaft jetzt möglichst viele Optionen: "selbst fahren, mitfahren oder gefahren werden".

Angesichts der riesigen Investitionen und der komplexen Vernetzung, die für ein rund laufendes Mobilitätsangebot nötig sind, sind zudem noch mehr Kooperationen nötig. "Für ein Mobilitäts-Ökosystem braucht man ganz verschiedene Partner, die unterschiedliche Dinge beherrschen müssen: den Bau von Autos, das Management von Flotten, die Wartung von Fahrzeugen samt Tanken oder Laden, die Schnittstelle zum Kunden, die Verzahnung verschiedener Verkehrsmittel, Telekommunikation und die Analyse großer Datenmengen", erläutert Branchenexperte Nikolaus Lang von der Boston Consulting Group. "Wenn der Mobilitätsservice auch den öffentlichen Nahverkehr umfassen soll, wird es noch komplizierter." Im Schnitt umfasse ein Ökosystem heute mehr als 30 Partner, mehr als sechs Industrien, mehr als sieben Länder und mehr als fünf unterschiedliche vertragliche Beziehungen.

Auch wenn sie komplex sind, sorgen Kooperationen aus Sicht der Experten für das beste Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag. Die Analysten von Evercore ISI schreiben, Zusammenarbeit verteile die Kosten auf mehr Schultern und führe zu besseren Datensammlungen und größeren Lerneffekten - "alles ausschlaggebend für den Erfolg".

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