Reuters

Medien - Regierung prüft Aufsichtsbehörde nach Boeing-Absturz

18.03.2019
um 11:52 Uhr

Washington/Addis Abeba (Reuters) - Bei der Suche nach den Ursachen des zweiten Absturzes des neuen Boeing-Flugzeugmodells 737 MAX gerät die US-Zulassungsbehörde FAA unter Druck.

Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" vom Wochenende untersucht das US-Verkehrsministerium schon seit dem ersten Absturz in Indonesien, ob die FAA geeignete Standards und Analysen bei der Zulassung des neuen Kontrollsystems MCAS genutzt habe. Die Behörden prüfen, ob dieses System ursächlich war für den Niedergang einer 737 MAX von Lion Air Ende Oktober. Dieses Unglück weise klare Ähnlichkeit mit dem Absturz am 10. März in Äthiopien auf, erklärte das äthiopische Verkehrsministerium am Sonntag nach erster Sichtung der Daten und Aufnahmen aus der Black Box. Die FAA habe bei der Zulassung Fehler gemacht, berichtete am Wochenende außerdem die Zeitung "Seattle Times".

Boeing und die FAA wollten zu keinem der Zeitungsberichte Stellung nehmen. Ein Sprecher von Boeing erklärte, die FAA habe auch das MCAS - ein System, das bei einem steilen Start einen Strömungsabriss durch das Absenken der Flugzeugspitze verhindern soll - nach den einschlägigen Anforderungen zertifiziert. Es wurde schon beim Lion-Air-Unglück vermutet, falsche Sensordaten an das MCAS hätten den Absturz verursacht, weil der Pilot nicht mehr eingreifen konnte. Ein abschließendes Ergebnis hierzu steht ebenfalls noch aus.

Den Flugzeugkatastrophen fielen 346 Menschen zum Opfer. Boeing empfahl seinen Kunden, die rund 350 betriebenen Maschinen vorerst am Boden zu lassen. Zuvor hatten nationale Behörden weltweit, die US-Aufsicht FAA fast als letzte, Startverbote für das Flugzeugmodell verhängt, das erst seit 2017 als Konkurrent der A320 neo am Markt ist.

Die Blackbox-Informationen seien von der französischen Behörde zur Flugunfallaufklärung BEA erfolgreich wiederhergestellt worden, erklärte ein Sprecher des äthiopischen Verkehrsministeriums. Sowohl das amerikanische als auch das äthiopische Team hätten sie bewertet. "Es war der gleiche Fall wie der indonesische", ergänzte er. Vertreter der FAA und der amerikanischen Verkehrssicherheitsbehörde NTSB sagten Reuters hingegen, sie hätten die Daten noch nicht ausgewertet. Die BEA lieferte demnach rund 1800 Parameter an Flugdaten und zwei Stunden Mitschnitt des Stimmenrekorders aus dem Cockpit - neben den sechs Minuten Flug vor dem Absturz auch Aufnahmen vorangegangener Flüge. Äthiopiens Regierung wollte in drei, vier Tagen näher informieren. Ein erster vorläufiger Untersuchungsbericht muss bei Flugzeugabstürzen nach 30 Tagen veröffentlicht werden.

Wie das "Wall Street Journal" weiter berichtete, beschäftigt sich auch das US-Justizministerium (DoJ) mit dem Absturz. Mindestens eine mit der Entwicklung der MAX vertraute Person sei von den Strafverfolgern des DoJ vorgeladen worden.

ZULASSUNGSUNTERLAGEN VON BOEING SELBST

Die "Seattle Times" berichtete, die FAA lasse zunehmend Boeing-Ingenieure an der Zertifizierung der eigenen Flugzeuge mitarbeiten. So habe der US-Konzern auch die Analysen für das MCAS selbst erstellt. Doch die Wirkungskraft des Kontrollsystems sei bei der Sicherheitsanalyse von Boeing unterschätzt worden. Die bei Testflügen ermittelte Ausgleichswirkung sei vier Mal stärker gewesen als in den Unterlagen angegeben. "Das macht einen Unterschied bei der Einschätzung der damit verbunden Risiken", zitierte die Zeitung einen nicht namentlich genannten FAA-Ingenieur. Unterschätzt worden sei auch, wie das System reagiert, wenn der Pilot mehrfach gegensteuert. Schon vom Absturz der Lion Air sei bekannt gewesen, dass die Piloten immer wieder versuchten, das automatische Absenken des Flugzeugs zu verhindern. Das System hätte durch die Daten eines einzigen Sensors ausgelöst werden können. Boeing und die FAA seien mit den Erkenntnissen einige Tage vor dem Absturz in Äthiopien konfrontiert worden.

Boeing erklärte am Sonntag, es werde an einem Software-Update gearbeitet, das irrtümliche Sensordaten ausschalten soll. Insidern zufolge soll dieses in gut einer Woche ausgeliefert werden.

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