Reuters

Münchener Rück denkt bei Ergo nach Sanierung an Zukäufe

20.03.2019
um 14:37 Uhr

München (Reuters) - Der Düsseldorfer Versicherer Ergo soll nach der tiefgreifenden Sanierung in zwei Jahren wieder zum Angriff übergehen - auch mit Übernahmen.

"Wir können uns in den Zielmärkten von Ergo Zukäufe vorstellen, in sehr materieller Größenordnung", sagte der Chef des Mutterkonzerns Münchener Rück, Joachim Wenning, am Mittwoch in München. Dafür wolle er aber warten, bis Ergo seinen Umbau mit dem Abbau von 2100 Arbeitsplätzen abgeschlossen habe. "Dann ist die Not weg, dann ist die Wettbewerbsfähigkeit da." In Deutschland ist Ergo mit einem Marktanteil von 6,3 Prozent auf dem Versicherungsmarkt derzeit nur die Nummer drei, hinter der Allianz und der italienischen Generali.

An einen Verkauf der Tochter denkt Wenning offenbar nicht: "Ergo ist Bestandteil der Gruppe. Punkt." Der renditeschwache Versicherungskonzern war lange das Sorgenkind der Münchener Rück, soll aber im nächsten Jahr wieder einen Gewinn von 530 Millionen Euro abliefern. Den Lackmustest, ob das überhaupt machbar sei, habe der Versicherer bestanden, sagte Ergo-Chef Markus Rieß, der auch im Münchener-Rück-Vorstand sitzt. "Es ist besser gelaufen als erwartet." Mit einem Ergebnis von 412 Millionen Euro hat Ergo seine Ziele 2018 übertroffen, in diesem Jahr sollen erneut 400 Millionen zu Buche stehen.

Knapp 400 Millionen Euro will Rieß einsparen, rund 200 Millionen habe Ergo schon in der Tasche. 1240 Mitarbeiter seien gegangen, 292 haben Aufhebungsverträge unterschrieben. Für Ergo arbeiten allein 29.000 der 41.000 Beschäftigten der Münchener Rück.

Die Neuordnung im Ausland sei mit dem Verkauf von 13 meist kleinen Gesellschaften praktisch abgeschlossen, sagte Rieß. Das Geschäft außerhalb Deutschlands steuert ein Drittel zu den Bruttobeiträgen von 17,8 Milliarden Euro bei. "Auch in der Lebensversicherung sind wir mit wettbewerbsfähigen Produkten wieder da", sagte Rieß. Das Geschäft mit klassischen Policen hatte Ergo eingestellt, der Altbestand soll von 2020 an zusammen mit dem IT-Partner IBM abgewickelt werden.

AKTIENRÜCKKAUF NICHT IN STEIN GEMEISSELT

Das Geld für Zukäufe hätte die Münchener Rück, auch für die Vermögensverwaltung oder Spezialversicherer. Auch in diesem Jahr schüttet sie - über eine Rekorddividende von 9,25 Euro je Aktie und den siebten Aktienrückkauf über eine Milliarde Euro in Folge - praktisch den ganzen Gewinn an die Aktionäre aus. Finanzvorstand Christoph Jurecka wertet das als "einen Ausdruck großer Stärke". In Stein gemeißelt sei das aber nicht. Die Entscheidung über den Aktienrückkauf werde jedes Jahr neu getroffen. Eine Solvenzquote von 245 Prozent biete nicht nur einen Puffer für wirtschaftlich schwierigere Zeiten, sondern auch strategische Spielräume für Wachstum aus eigener Kraft und Übernahmen. In der klassischen Rückversicherung hält Wenning von Übernahmen aber wenig. Denn viele Kunden verteilten ihr Engagement dann auf andere Anbieter.

In diesem Jahr will die Münchener Rück den nächsten Schritt gehen, um bis 2020 auf einen Gewinn von 2,8 Milliarden Euro zu kommen. 2,5 Milliarden Euro sollen 2019 zu Buche stehen, gut 200 Millionen mehr als 2018. Das erste Quartal sei "unauffällig, im Rahmen der Erwartungen" gewesen, sagte Jurecka. Dabei muss auch die Münchener Rück als Teil eines Versicherer-Konsortiums für die Folgen des Absturzes einer Boeing-Maschine von Ethiopian Airlines geradestehen, nach eigenen Angaben mit 100 bis 120 Millionen Euro. Sowohl Boeing als auch Ethiopian gehörten zu den Kunden des weltgrößten Rückversicherers.

Bei dem Absturz einer Boeing 737 MAX in Äthiopien waren 157 Menschen ums Leben gekommen. Weil im November eine Maschine des selben, relativ neuen Flugzeugtyps unter ähnlichen Umständen in Indonesien abgestürzt war, herrscht für die Boeing 737 MAX derzeit praktisch weltweit ein Flugverbot.