Reuters

Sparprogramm soll BMW aus der Krise helfen

20.03.2019
um 15:42 Uhr

- von Edward Taylor und Jan Schwartz

München/Hamburg (Reuters) - BMW verliert mitten im größten Umbruch in der Geschichte der Automobilindustrie an Boden.

Der erfolgsverwöhnte Münchner Autobauer kündigte am Mittwoch auch für dieses Jahr einen Gewinnrückgang an und will nun noch stärker auf die Kostenbremse treten, um sich die hohen Investitionen in die E-Mobilität und selbstfahrende Autos leisten zu können. Der Vorsteuergewinn werde 2019 deutlich unter den 9,8 Milliarden Euro des Vorjahres liegen, sagte Konzernchef Harald Krüger bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Münche. "Die Transformation unserer Industrie ist in vollem Gange", ergänzte Finanzvorstand Nicolas Peter. "In diesem Umfeld ist nachhaltig hohe Profitabilität entscheidend, um weiterhin Treiber des Wandels zu sein." Ein Sparprogramm - Stellenabbau inklusive - soll bis Ende 2022 mindestens zwölf Milliarden Euro bringen.

Anleger reagierten verunsichert. Die BMW-Aktien lagen zeitweise sechs Prozent im Minus, der größte Tagesverlust seit fast drei Jahren.

Einige Analysten warnen bereits: BMW habe an Schwung verloren und fahre dem Erzrivalen Daimler hinterher. Bei Daimler fiel der Rückgang beim Nettogewinn im vergangenen Jahr mit fast einem Drittel zwar höher aus als bei den Münchnern. Deren Überschuss schrumpfte um knapp 17 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro, während der Konzernumsatz marginal auf 97,5 Milliarden Euro sank. Aber bei der operativen Ertragskraft lagen die Stuttgarter im Pkw-Geschäft mit 7,8 Prozent vor BMW (7,2 Prozent). Abgeschlagen auf Rang drei landete die VW-Tochter Audi, die nur 6,0 Prozent schaffte. Bereinigt um das Bußgeld, dass die Staatsanwaltschaft den Ingolstädtern wegen des Dieselbetrugs aufbrummte, lag die Ebit-Marge jedoch bei 7,9 Prozent.

DRUCK AUF DIE MARGEN BLEIBT

Die Gewinnmargen dürften auch im laufenden Jahr unter Druck bleiben, nicht zuletzt weil die Investitionen in neue Technologien weiter hoch sind. Die Frage ist, wer das am besten wegstecken kann. "Daimler hat die höhere Schlagkraft", ist Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler überzeugt. "Die Gefahr besteht, dass die anderen beiden BMW davonfahren." Audi habe zwar im Moment viel mit der Aufarbeitung der Dieselaffäre zu tun. Da sich die Marke mit den vier Ringen aus den Baukästen des Konzerns bedienen könne, fielen Kostensenkungen dort aber leichter.

Bei Daimler kommt hinzu, dass der Konzern im Mai mit Ola Källenius einen neuen Vorstandschef bekommt, der für frischen Wind bei den Schwaben sorgen dürfte. Dagegen musste BMW-Chef Krüger am Mittwoch schlechte Nachrichten verkünden: Zum Sparprogramm gehört auch ein Personalabbau, den der Konzern sozialverträglich gestalten will. Bisher hätten 1.500 Mitarbeiter Angebote zur Frühverrentung angenommen, weitere 2.500 kämen dafür in Frage.

Volkswagen ist wegen des radikalen Kursschwenks in die Elektromobilität ebenfalls zu Einsparungen gezwungen und baut weiter massiv Personal ab. Der Konzern aus Wolfsburg kann sich das nach Meinung von Experten aber aufgrund seiner Größe mit zwölf Marken, bei denen immer irgend eine Tochter die Schwäche einer anderen wettmachen kann, auch leisten. Trotz Dieselkrise, den Problemen bei der Umstellung auf die schärferen Abgastets WLTP und Gegenwinds durch die schwächere Konjunktur verdiente Volkswagen auch im vergangenen Jahr prächtig. Allerdings läuft auch bei VW nicht alles rund. Konzernchef Herbert Diess warnte vor der Belegschaft, angesichts von Dieselkrise, Brexit und Handelsstreit mit den USA werde es nicht leicht, die Ziele für 2019 zu erreichen.

BMW BRINGT PS NICHT AUF DIE STRASSE

Nach Ansicht von Arndt Ellinghorst vom Investmentberater Evercore ISI hat BMW im vergangenen Jahr die Chance verpasst, seine Stärken unter Beweis zu stellen. Die Münchner hätten dank neuer Modelle mit Abstand das beste Produktangebot. "Dass das Unternehmen das nicht umgesetzt bekommt, ist sehr sehr enttäuschend", kritisierte der Autoexperte. BMW habe sich in der Vergangenheit durch eine hohe Ertragskraft und Innovationen von der Konkurrenz abgehoben, sei zudem auch andere Wege gegangen als die Konkurrenz und habe Risiken nicht gescheut. "Wenn man das macht, kann man auch mal Zeiten verzeihen, in denen etwas weniger Geld verdient wird. Da BMW das im Moment nicht macht, sondern überall den Konsens und Kooperationen sucht, ist es schwerer, zu entschuldigen, dass die Ergebnisse so schwach ausfallen."