Reuters

Insider - Volkswagen drohen wegen Abgas-Krise Verluste

09.10.2015
um 15:11 Uhr

- von Jan C. Schwartz

Hamburg (Reuters) - Die hohen Kosten für den Abgasskandal werden die Marke VW in diesem Jahr wahrscheinlich in die Verluste drücken.

"Das wird so kommen, weil VW die Hauptlast im Konzern trägt", sagte eine mit der Situation bei Volkswagen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. Ein anderer Insider verwies auf die Rückstellungen von 6,5 Milliarden Euro, die Volkswagen für das dritte Quartal für Rückrufe wegen manipulierter Abgaswerte angekündigt hatte. Davon dürfte ein Großteil bei der Hauptmarke VW verbucht werden, sagte die Person. Auch der "Spiegel" berichtete vorab darüber. Die Niedersachsen wollten sich dazu nicht äußern.

Von weltweit insgesamt elf Millionen Fahrzeugen, die mit einer Manipulationssoftware unterwegs sind, entfallen fünf Millionen auf die Kernmarke VW. Der Konzern bereitet derzeit einen millionenfachen Rückruf vor, um die Abgasmanipulation zu beenden. Einen Zeitplan sowie technische Lösungen hat das Unternehmen kürzlich dem Kraftfahrt-Bundesamt vorgelegt, das die vorgeschlagenen Maßnahmen derzeit prüft. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt kündigte eine "zeitnahe" Entscheidung der Flensburger Behörde an.

Die von Dobrindt eingesetzte Untersuchungskommission zum Betrug bei Volkswagen wird am Dienstag erneut in die Konzernzentrale nach Wolfsburg zu Gesprächen reisen. Auch nach dem ausführlichen Antrag von VW zur geplanten Rückrufaktion gibt es Dobrindt zufolge noch Fragen zur notwendigen Änderung an den Motoren mit 1,6-Litern Hubraum. Doch zeige der Antrag, dass der Konzern die Austauschaktion bewältigen könne. "Wir in der Untersuchungskommission haben den Eindruck gewonnen, dass Volkswagen in der Lage ist, die Probleme zu beheben", sagte der Bundesverkehrsminister.

NACHHOLBEDARF BEI COMPLIANCE

Um Verstöße gegen Gesetze und Regeln guter Unternehmensführung künftig zu verhindern, will Volkswagen ein spezielles Vorstandsressort einführen. Das Vorhaben sei bereits im Aufsichtsrat diskutiert worden, eine Entscheidung gebe es aber noch nicht, sagte eine Person mit Kenntnis der Beratungen der Nachrichtenagentur Reuters. Gespräche mit möglichen Kandidaten für den Posten würden bereits geführt. VW wollte sich auch dazu nicht äußeren. Als erstes hatte der Rechercheverbund von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" über die Pläne zum Umbau des Vorstands berichtet.

Die Wolfsburger hatten 2011 einen Verantwortlichen für Compliance, also die Einhaltung von Regeln, berufen, der an den Vorstandschef berichtete. Dazu fasste Europas größter Autobauer damals die Zuständigkeiten für Korruptionsbekämpfung, die Bewertung von Unternehmensrisiken und die Durchsetzung entsprechender Richtlinien zusammen. Andere große Firmen wie Siemens und Daimler haben bereits vor einigen Jahren Vorstandsressorts für Recht eingeführt.

WELTWEITE ERMITTLUNGEN

Volkswagen steht wegen der Abgasaffäre unter großem Druck, weltweit ermitteln Behörden gegen den Konzern. In Deutschland verlangen erste Autokäufer Schadensersatz, weil sie für einen Wagen mit angeblich niedrigeren Abgaswerten mehr bezahlt haben. Vor allem in den USA drohen dem Unternehmen hohe Strafzahlungen und Schadensersatzforderungen. Der US-Bundesstaat Texas hat Volkswagen wegen der Vermarktung von mutmaßlich manipulierten Dieselfahrzeugen verklagt.

VW-US-Chef Michael Horn hatte bei einer Anhörung im US-Kongress gesagt, er habe bereits im Frühjahr 2014 von möglichen Verstößen gegen Abgasregeln gewusst. Von der Manipulation von Abgaswerten durch eine spezielle Software habe er erst Anfang September 2015 erfahren. Der Einsatz der Abschaltsoftware sei nicht durch den Konzern entschieden worden. "Das waren ein paar Software-Ingenieure, die das aus irgendwelchen Gründen eingebaut haben", erläuterte er vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses in Washington. Ihm selbst falle es schwer zu glauben, was passiert sei.

Für Aufsehen sorgte die VW-Stammaktie, die zeitweise um 15 Prozent an Wert gewann. Dabei wechselten am Vormittag bereits mehr als drei Mal so viele Papiere den Besitzer wie an einem gesamten Durchschnittstag. Sie kosteten zeitweise 133,75 Euro. Offenbar deckten sich einige Anleger, die auf weitere Kursverluste wegen der Abgas-Affäre gesetzt hatten, wieder mit VW-Titeln ein, um ihre Verluste zu begrenzen, sagte ein Börsianer. Ein anderer verwies auf ein Gerücht, dem zufolge Großaktionär Porsche Automobilholding seine Beteiligung aufstockt. Die Porsche Holding wollte sich nicht äußern.

Mercedes-Benz Group AG

WKN 710000 ISIN DE0007100000

Porsche Automobil Holding SE

WKN PAH003 ISIN DE000PAH0038

Siemens AG

WKN 723610 ISIN DE0007236101

Volkswagen AG

WKN 766400 ISIN DE0007664005

Volkswagen AG Vz.

WKN 766403 ISIN DE0007664039