Reuters

Insider - Bilanzstresstest für AKW-Betreiber glimpflicher

09.10.2015
um 17:11 Uhr

- von Markus Wacket

Berlin (Reuters) - Der von der Bundesregierung verordnete Stresstest für die AKW-Betreiber fällt für die Konzerne wohl glimpflicher aus als zuletzt erwartet.

In dem Test für die Bilanzen der Unternehmen sind einem Insider zufolge nun mehrere Szenarien enthalten. Nach wie vor spreche aber eines von einem Fehlbetrag von bis zu 30 Milliarden Euro, sagte ein mit dem Test Vertrauter am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. "Dieses Ergebnis unter Annahme von extrem niedrigen Zinsen besteht weiter", sagte er. Darüber hinaus seien aber auf Druck der Versorger im Vergleich zu einer früheren Fassung des Tests auch andere Annahmen zugrunde gelegt worden. In mindestens einem Szenario führe dies dazu, dass die von den vier AKW-Betreibern gebildeten Rückstellungen von gut 38 Milliarden Euro für Abriss der Kraftwerke und Lagerung des radioaktiven Mülls sogar mehr als ausreichend seien. Die zugrunde gelegten Szenarien lehnten sich auch an Regelungen in Ländern wie Frankreich und Schweden an. Das Wirtschaftsministerium wollte sich zu den Angaben nicht äußern.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte den Stresstest bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth&Klein Grant Thornton in Auftrag gegeben, um zu sehen, ob die Rückstellungen der vier Versorger RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW ausreichen und im Bedarfsfall verfügbar sind. Die Versorger sind wegen der wachsenden Konkurrenz des Ökostroms und der fallenden Strompreise an den Börsen unter Druck. In der Regierung wird befürchtet, dass sie ohne Staatshilfe die Entsorgungslasten nicht mehr bewältigen können.

Nachdem bekanntwurde, dass in dem Test unter Annahme einer extrem geringen Verzinsung der Rückstellungen über viele Jahre eine Lücke von bis zu 30 Milliarden Euro klafft, waren die Aktienkurse von E.ON und RWE eingebrochen. Dem Insider zufolge hätte die Berechnung bedeuten können, dass die Unternehmen Schwierigkeiten bekommen hätten, ihre Bilanzen von Wirtschaftsprüfern testieren zu lassen. Bislang setzen sie für die Rückstellungen höhere Zinsen an als im Augenblick auf dem Kapitalmarkt gezahlt werden.

STUDIE DES BUNDES PRÜFTE FONDS ZUR SICHERUNG DER ENTSORGUNG

Der Stresstest soll eine Grundlage für die Arbeit einer Kommission sein, die Regelungen zur Sicherung der Finanzierung von Abriss und Müll-Lagerung vorschlagen soll. Eine frühere Studie im Auftrag des Ministeriums hatte bereits eine Fondslösung ins Gespräch gebracht. Demnach könnte ein interner Fonds bei den Versorgern mit Bündelung der Rückstellungen gebildet werden, um den zunächst anstehenden Abriss der Meiler zu bezahlen. Weitere Beträge aus jetzigen und künftigen Rückstellungen könnten in einem externen Fonds mit staatlicher Kontrolle gesammelt werden, um das Geld für die Atommüll-Lagerung selbst in einem Pleitefall eines Konzerns zu sichern.

EnBW Energie Baden-Württemberg AG

WKN 522000 ISIN DE0005220008

RWE AG

WKN 703712 ISIN DE0007037129

Valiant Holding AG

WKN 157770 ISIN CH0014786500