Reuters

Hongkonger Geschäftsleute bangen wegen Protesten um ihre Umsätze

30.07.2019
um 12:57 Uhr

- von Kevin Liu und Vimvam Tong

Hongkong (Reuters) - Die anhaltenden Proteste gegen die pro-chinesische Regierung in Hongkong schlagen den Geschäftsleuten zunehmend ins Kontor.

Manch einer in der bei Touristen aus aller Welt beliebten Einkaufsmetropole bangt sogar schon ums Weihnachtsgeschäft.

Volkswirte schätzen, dass die Auswirkungen der seit rund acht Wochen dauernden Massenproteste auf die Wirtschaft Hongkongs schon jetzt größer sind als 2014, als die "Regenschirm-Revolution" den Finanzbezirk 79 Tage lang in Atem hielt. Heute sind die Proteste viel masiver in der Stadt verbreitet. Zum Teil kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Etliche Geschäfte und Bankfilialen waren bereits gezwungen, für längere Zeit zu schließen. Wer kann, meidet Gegenden, in denen sich die Regierungskritiker versammeln. Dazu gehören auch große Einkaufszentren, in denen Demonstranten oft eine Pause einlegen.

Fast täglich gibt es Kundgebungen. Am Dienstag legten Hunderte Demonstranten den Zugverkehr zeitweise lahm. Weitere Aktionen des zivilen Ungehorsams sind geplant. Ein Ende ist nicht abzusehen - und das zu einem Zeitpunkt, da auch Hongkong die Folgen des Handelsstreits zwischen China und den USA sowie die Abkühlung der chinesischen Konjunktur zu spüren bekommt.

HANDEL BEFÜRCHTET KRÄFTIGEN UMSATZRÜCKGANG

Der größte Handelsverband erklärte, seine Mitglieder rechneten mit einem Umsatzrückgang im Juli und August im zweistelligen Bereich. Die Regierung wird die Juni-Daten am Donnerstag bekanntgeben.

Der Schweizer Luxusgüter-Konzern Richemont teilte bereits mit, die Proteste schmälerten sein Geschäft. Swatch meldete einen zweistelligen Umsatzrückgang in Hongkong, das einer der wichtigen globalen Märkte des Schweizer Uhrenhersteller ist. Beschäftigte in Restaurants im Admiralitätsbezirk, wo viele Demonstrationen stattfinden, berichten von einem Rückgang der Gästezahl um ein Drittel.

Zunehmend bleiben Touristen aus, vor allem die aus der Volksrepublik China. Singapur, Japan und Großbritannien, die einstige Kolonialmacht Hongkongs, sowie andere Staaten haben Reisewarnungen herausgegeben. Die Hotel-Auslastung sank nach Gewerkschaftsangaben im Juni gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent. Im Juli werde der Rückgang wohl sogar 40 Prozent betragen.

BARRIKADEN SCHRECKEN KÄUFER AB

Im schicken Einkaufsviertel Causeway Bay wurden am Sonntag erstmals Barrikaden von den Demonstranten errichtet. Bobby Tang, ein Mitarbeiter in der dortigen Gucci-Filiale, sagt, er unterstütze die Proteste, die sich an Plänen für ein Gesetz zu Auslieferungen an China entzündet hatten und sich längst gegen den Einfluss der Regierung in Peking richten. Die Demonstranten hätten Recht, denn die Hongkonger Regierung sei nicht auf ihre Forderungen eingegangen, sagt Tang. Doch er macht sich auch Sorgen um seinen Job bei Gucci. Vor den Protesten habe man einen Kunden pro Minute gezählt, heute seien es nur drei oder vier in der Stunde. Und der Tagesumsatz betrage mit 20.000 Hongkong-Dollar (rund 2300 Euro) nur noch ein Fünftel dessen von vor den Demonstrationen. "Wenn die Proteste bis Oktober andauern, dann habe ich Sorge, ob ich noch genügend verdiene", sagt Tang. Auch eine Verkäuferin eines Kosmetikgeschäfts blickt bekümmert in die Zukunft: "Die Proteste können gut noch bis Ende des Jahres dauern. Dann könnte uns sogar unser beste Verkaufssaison verloren gehen - das Weihnachtsgeschäft."

Compagnie Financière Richemont AG

WKN A1W5CV ISIN CH0210483332

Kering S.A.

WKN 851223 ISIN FR0000121485

The Swatch Group AG

WKN 865126 ISIN CH0012255151