Reuters

Vonovia startet Attacke auf Rivalen am Wohnungsmarkt

14.10.2015
um 14:21 Uhr

- von Kathrin Jones und Alexander Hübner

Frankfurt (Reuters) - Der Übernahmekampf auf dem Wohnungsmarkt wird mit immer härteren Bandagen ausgetragen.

Jetzt fährt Deutschlands größter privater Vermieter Vonovia der Nummer zwei der Branche, Deutsche Wohnen, in die Parade: Die will eigentlich die kleinere Rivalin LEG Immobilien übernehmen und sieht sich nun selbst mit einem feindlichen Angebot von Vonovia konfrontiert. Doch die Offerte über rund neun Milliarden Euro für die Deutsche Wohnen gelte nur, wenn deren Aktionäre die Übernahme der LEG ablehnten, machte der Dax-Neuling am Mittwoch klar. "Wir bieten eine Alternative an", erläuterte Vonovia-Chef Rolf Buch. "Jetzt entscheiden die Aktionäre." Der Bochumer Konzern würde sich den Zukauf einschließlich Schulden sogar 14 Milliarden Euro kosten lassen - das wäre der größte Immobilien-Deal in Deutschland überhaupt.

Reuters hatte bereits in der vergangenen Woche von Insidern erfahren, dass Vonovia ein Störmanöver auslotet. Seit drei Wochen führte Buch im Hintergrund Gespräche mit Großinvestoren, die in allen drei Gesellschaften engagiert sind. Dabei ging es um die Frage, ob eine "große Lösung" mit Vonovia und Deutsche Wohnen nicht mehr Anhänger finden würde. Buch sieht sich darin bestätigt: Deutsche Wohnen mit ihrem Fokus auf Berlin sei die perfekte Ergänzung für die bundesweit aufgestellte Vonovia, sagte er. So ließen sich viel mehr Synergien heben als bei einem Zusammenschluss von Deutsche Wohnen und der vor allem an Rhein und Ruhr starken LEG - insgesamt 84 Millionen Euro pro Jahr. Größe ist wichtig, weil sich viele Wohnungen günstiger verwalten und renovieren lassen als verstreute Bestände.

Von Deutsche Wohnen und LEG Immobilien gab es zunächst keine Stellungnahme. Die Deutsche-Wohnen-Anleger haben jetzt die Wahl: Sie können auf der Hauptversammlung am 28. Oktober mit mindestens 75 Prozent für eine Sachkapitalerhöhung stimmen, um die LEG-Übernahme auf den Weg zu bringen. Das Management beider Unternehmen steht dahinter. Oder sie lassen sich vom Angebot der Vonovia locken, das Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn kalt erwischt hat. Vonovia bietet für je elf Deutsche-Wohnen-Aktien 83,14 Euro in bar und sieben Vonovia-Papiere. Das entspricht rechnerisch gut 25 Euro je Deutsche-Wohnen-Aktie.

Die notierte am Mittwoch bei 24,65 Euro - die Börse glaubt also offenbar an den Erfolg des Mega-Deals, der Vonovia zur Eigentümerin von einer halben Million Wohnungen machen würde. Mieterschützer sind skeptischer: "Wir sehen diese Fusionswelle in Deutschland mit Sorge", sagte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten. "Die wachsende Marktmacht durch die zunehmende Konzentration auf immer weniger, zudem börsennotierte Anbieter kann die Mieten weiter nach oben treiben." Dringend benötigter neuer Wohnraum entstehe durch die Übernahmen nicht.

FRESSEN UND GEFRESSEN WERDEN

Vonovia-Chef Buch hat die Deutsche Wohnen schon länger auf dem Radar, wie Insider berichten. In der Vergangenheit habe es immer wieder unverbindliche Gespräche zwischen beiden Seiten gegeben. Deutsche-Wohnen-Chef Zahn hatte die Avancen aber stets zurückgewiesen. Doch Buch glaubte zuschlagen zu müssen, ehe die Rivalin selbst zu groß würde. Der Zeitplan sei "von außen" bestimmt worden, räumte er in einer Telefonkonferenz ein.

Denn Vonovia ist eigentlich noch mit der Integration anderer milliardenschwerer Zukäufe beschäftigt: der Gagfah und der Süddeutsche Wohnen. Diese verläuft nach Konzernangaben nach Plan. Bis Jahresende sei das Gröbste geschafft, sagte Buch. Dann könne man sich mit voller Kraft der Deutschen Wohnen widmen. Wie kein anderes Unternehmen hat Vonovia, einst bekannt als Deutsche Annington, seit dem Börsengang 2013 die Branchenkonsolidierung vorangetrieben. Das Wachstum wurde durch immer neue Kapitalerhöhungen finanziert. Die Aktionäre zogen im Niedrigzinsumfeld mit, weil sich die Aktie gut entwickelt hat.

Beim operativen Gewinn (FFO) robbt sich Vonovia langsam an die Milliardengrenze heran: 2016 sollen - die Deutsche Wohnen nicht eingerechnet - 690 bis 710 Millionen Euro zu Buche stehen, wie der Konzern erstmals ankündigte. Schon die 560 bis 580 Millionen in diesem Jahr wären ein Rekord.

Die ebenfalls expansionshungrige Deutsche Wohnen ist damit plötzlich in der Defensive. Sie hatte die Übernahme der LEG im September angekündigt. Das Unternehmen ist einschließlich Schulden acht Milliarden Euro wert. Der Konzern wollte sich mit der Übernahme in Nordrhein-Westfalen neue Wachstumschancen schaffen, da Berlin sehr teuer geworden ist. Vorstandschef Zahn räumte unlängst im Reuters-Interview ein, dass die Investoren von dem Deal noch überzeugt werden müssten. Große einflussreiche Aktionärsberater wie ISS und Glass Lewis hatten sich hinter die Pläne gestellt. Ihnen folgen in der Regel viele angelsächsische Fonds - die jetzt auch von Buch umworben werden.

Deutsche Wohnen SE

WKN A0HN5C ISIN DE000A0HN5C6

LEG Immobilien SE

WKN LEG111 ISIN DE000LEG1110