Reuters

Welche Klima-Kompromisse sich schon abzeichnen

19.09.2019
um 15:42 Uhr

- von Markus Wacket

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung und die Koalition wollen bis Freitag das umfangreichste Klimapaket auf den Weg bringen, das je in Deutschland beschlossen wurde.

Damit soll das Klimaziel einer Treibhausgas-Einsparung von 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 noch erreicht werden. Um viele Punkte und Details wird noch gerungen. Doch nach Angaben aus Regierungs- und Koalitionskreisen sowie einem ersten Konzeptpapier der Regierung zufolge zeichnen sich in einigen Punkten Einigungen ab:

DER CO2-PREIS

Die von der SPD geforderte Steuer auf den CO2-Preis wird es nicht geben. Stattdessen soll ein Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten für Sprit, Heizöl und Gas eingeführt werden. Die Rechte werden vom Staat verkauft und mit der Zeit verknappt, um den CO2-Ausstoß zu drücken. Für die Rechte bezahlen müssen zunächst die Großhändler, aber sie werden die Kosten an die Verbraucher weitergeben. Damit sollen diese einen Anreiz zum CO2-Sparen bekommen. Der Effekt ähnelt dann der einer Steuer.

Zu Beginn soll zudem ein Höchst- und Mindestpreis eingeführt werden, die nicht allzu weit auseinanderliegen, um extreme Preisaufschläge an der Zapfsäule zu verhindern. Umgekehrt sollen die Aufschläge auch nicht zu niedrig sein, um das Verhalten der Verbraucher auch zu beeinflussen.

In einem Regierungspapier vom 16. September zur Vorbereitung des Treffen ist hier noch keine Festlegung getroffen. Strittig dürften vor allem die Details und der Reduktionspfad bis 2030 sein.

DIE ENTLASTUNG DER BÜRGER

Im Gegenzug sollen die Bürger entlastet werden, gerade dann, wenn sie sich klimafreundlich verhalten. Die SPD hatte eine Kopf-Prämie erwogen, nach der jeder Bürger eine pauschale Summe im Jahr zurückerhalten hätte. Dieses Modell hat sich aber als zu bürokratisch erwiesen, zumal die Einnahmen aus dem CO2-Preis in den ersten Jahren eher gering sein werden.

Stattdessen soll nun der Strompreis für alle gesenkt werden. Dafür will man Zug um Zug die Umlage zur Förderung Erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) aus den Einnahmen des CO2-Rechte-Verkaufs finanzieren. Diese wird derzeit auf den Strompreis aufgeschlagen. Die Umlage liegt bei 6,4 Cent pro Kilowattstunde und macht gut ein Fünftel des Preises von Strom aus. Ein Durchschnittshaushalt muss im Jahr für die EEG-Umlage gut 200 Euro aufbringen.

Im Regierungspapier bleibt dieser Punkt allerdings ebenfalls offen.

ERNEUERBARE ENERGIEN

Der Ausbau erneuerbarer Energien soll erleichtert werden. Konsens besteht darin, die bisher bestehende Begrenzung einer Förderung von 52 Gigawatt Solarenergie ("Solar-Deckel") aufzuheben. Zudem soll der Ausbau der Windenergie auf hoher See um mindestens zwei Gigawatt auf mindestens 17 Gigawatt bis 2030 beschleunigt werden. Im Regierungspapier ist sogar von 20 Gigawatt die Rede. Auch der jährlich Ausbau von Wind- und Solarstrom soll um ein Gigawatt beschleunigt werden. Unklar bleibt, wie dies erreicht werden kann.

Die SUV-STEUER

Vor allem die großen Geländewagen sind ins Visier der Klimaschützer geraten. In der Diskussion war bereits eine sogenannte Bonus-Malus-Regelung. Dabei sollten Autos mit hohem Verbrauch schon beim Kauf verteuert werden, um im Gegenzug spritsparende und vor allem E-Autos stärker zu fördern. Dies stieß bei Union, Autobranche und Verkehrsministerium auf Widerstand. Nun wird dieses Modell aber wohl durch die Hintertür doch eingeführt. Zum einem wird der CO2-Preis für Benzin oder Diesel verteuert und damit auch der Betrieb von Geländewagen.

Vor allem aber soll die Kfz-Steuer weitaus stärker nach dem CO2-Ausstoß ausgerichtet werden als es derzeit der Fall ist. Dies wird Spritschlucker erheblich belasten. Im Gegenzug könnte mit den Einnahmen die Kaufprämie für günstigere E-Autos unter 30.000 Euro kräftig erhöht werden, was gerade SPD und CSU seit langem fordern.

DIENSTWAGENSTEUER

Die Dienstwagensteuer für E-Autos und Plug-In-Hybride soll von derzeit 0,5 Prozent des Listenpreises weiter sinken. In Rede stehen 0,25 Prozent.

GEBÄUDESANIERUNG

Als sicher gilt, dass die steuerliche Förderung der Dämmung und Sanierung von Gebäuden für den Klimaschutz kommt. Dabei soll nicht nur eine Komplettsanierung von der Steuer abgesetzt werden können, sondern auch Teilsanierungen wie ein neues Dach.

ÖLHEIZUNGEN

Sie gelten als wichtiger Faktor bei den Emissionen im Gebäudesektor. Die Forderungen reichen von Prämien für den Austausch bis hin zum schlichten Verbot. Nun soll eine Kombination von beiden kommen: In den ersten Jahren werden Hausbesitzern mit hohen Prämien für einen Austausch gelockt, die dann aber voraussichtlich sinkend werden. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird der Kauf und später auch der Betrieb - etwa mittels Emissionsgrenzen - komplett verboten. Das Regierungspapier lässt erkennen, dass Details und Auslaufdatum hier noch geklärt werden müssen.

BAHN

Die Mehrwertsteuer auf Fernbahn-Tickets soll von 19 auf 7 Prozent sinken. Damit sollen jährlich fünf Millionen mehr Passagiere in die Züge gelockt werden. Das Schienennetz wird schneller saniert als in vergangenen Jahren. Im Güterverkehr soll die kürzlich eingeführte, aber befristete Halbierung der Trassengebühren auf Dauer fortgeführt und womöglich weiter gesenkt werden.

LKW-MAUT

Die Lkw-Maut soll nach 2022 - dann erlauben es EU-Regulierungen - stärker an Umweltkriterien ausgerichtet und damit erhöht werden. Das Regierungspapier sieht in etwa eine Maut-Verdopplung im Vergleich zu heute vor. Derzeit belaufen sich die jährlichen Einnahmen auf über sieben Milliarden Euro. Diskutiert wird zudem eine Ausweitung auch auf Landes- und Kommunalstraßen oder auf Lastwagen unter 7,5 Tonnen.

FLUGVERKEHR

Billig-Flüge sollen teurer werden. Als Untergrenze gilt ein Betrag aus Ticket-Steuer und Flughafengebühren, was auch als Anti-Dumping-Vorgabe rechtlich umzusetzen wäre. Ein Inlandsflug würde so nicht mehr unter 30 Euro angeboten werden können. Hier sind sich die Parteien zwar einig, aber über die Details gibt es noch heftigen Streit. Das spiegelt sich auch im Regierungspapier wider, in dem der gesamte Passus zum Luftverkehr gestrichen wurde und nun eine Leerstelle herrscht.

Bayerische Motoren Werke AG

WKN 519000 ISIN DE0005190003

Deutsche Lufthansa AG

WKN 823212 ISIN DE0008232125

Easyjet PLC

WKN A1JTC1 ISIN GB00B7KR2P84

Mercedes-Benz Group AG

WKN 710000 ISIN DE0007100000

Volkswagen AG Vz.

WKN 766403 ISIN DE0007664039