Reuters

Großbritannien schickt EU nach langem Zögern Brexit-Wünsche

19.09.2019
um 16:52 Uhr

Brüssel/London (Reuters) - Großbritannien will mit einer Liste von Änderungswünschen am umstrittenen Ausstiegsvertrag mit der EU wieder Schwung in die festgefahrenen Brexit-Verhandlungen bringen.

Man habe Dokumente aus London erhalten und werde auf dieser Basis Verhandlungen mit der britischen Regierung führen, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel am Donnerstag. Die britische Regierung betonte, technische Vorschläge gemacht zu haben. Alles weitere werde vorgestellt, wenn man soweit sei.

Premierminister Boris Johnson will auf dem EU-Gipfel Mitte Oktober unbedingt einen Erfolg im Tauziehen über den EU-Ausstieg. Dafür legt sein Team nun die von der EU seit langem geforderten konkreten Vorschläge zur Vermeidung einer festen Grenze mit Irland nach dem Brexit vor. Die bislang im Ausstiegsvertrag vorgesehene Lösung - die Ausweitung der EU-Zollunion - lehnt Johnson ab. Den und andere Punkte werden die Verhandlungsführer der EU und Großbritanniens, Michel Barnier und Stephen Barclay, am Freitag in Brüssel besprechen.

CLINCH AUCH VOR GERICHT

Unterdessen ging der Streit über die außerordentlich lange Parlamentsschließung in Großbritannien vor dem höchsten Gericht des Landes weiter. Am dritten Verhandlungstag fand sich auf der Klägerseite mit John Major ein prominenter Name. Der Ex-Premier warf Johnson in einer vorgelesenen Erklärung vor, die Vertagung solle einzig verhindern, dass das Parlament von seinem Recht Gebrauch mache, mit der Regierung nicht einverstanden zu sein und Gesetze nach eigenem Ermessen zu erlassen. Das Urteil könnte noch am Donnerstagabend, wahrscheinlich aber erste in den nächsten Tagen verkündet werden.

Johnson hat die Abgeordneten für fünf statt der üblichen zwei Wochen in Zwangspause geschickt. Die Anwälte der Kläger argumentierten, die Aussetzung des Unterhauses sei erfolgt, um die Abgeordneten davon abhalten, Johnsons Brexit-Kurs zu durchkreuzen. Ein schottisches Gericht hatte die Parlamentsschließung vor einigen Tagen für unzulässig erklärt. Die rechtliche Frage ist nicht einfach zu klären, weil es in Großbritannien keine geschriebene Verfassung gibt, die etwa die Kompetenzen des Regierungschefs klar abgrenzen würde.