Reuters

Kunden halten Credit Suisse trotz Beschattungsaffäre die Treue

30.10.2019
um 14:52 Uhr

Zürich (Reuters) - Die Credit Suisse hat den Beschattungsskandal mit einer Gewinnverdopplung im Sommerquartal gekontert.

Die zweitgrößte Schweizer Bank erzielte mit 881 Millionen Franken das beste Ergebnis in einem dritten Jahresviertel seit dem Beginn des Konzernumbaus im Jahr 2015. Das florierende Kerngeschäft der Vermögensverwaltung für Reiche und die Erholung in dem radikal eingedampften Wertpapier-Handel sind für Konzernchef Tidjane Thiam Beleg dafür, dass seine Strategie auch in einem von politischen Unsicherheiten geprägten Umfeld aufgeht. "Wir sind überzeugt, dass wir gut positioniert sind, um weiterhin profitables Wachstum zu erzielen", erklärte der Manager.

Die Affäre rund um die heimliche Überwachung des ehemaligen Spitzenmanagers Iqbal Khan, die gegen Ende des Quartals die Schlagzeilen dominierte, hinterließ offenbar keine Bremsspuren im Geschäft. "Es ist vielleicht schwierig zu glauben, aber die Medienkampagne hat keine Auswirkungen auf unsere Kunden", sagte Thiam. Khan, der Leiter des Wachstumsmotors International Wealth Management und ein möglicher nächster Credit-Suisse-Konzernchef, kündigte Mitte Jahr seinen Wechsel zum Erzrivalen UBS an. Um zu verhindern, dass Khan Kunden und Mitarbeiter abwirbt, beschattete die Bank ihren ehemaligen Hoffnungsträger. Doch nach einem filmreifen öffentlichen Streit zwischen Khan und einem der Detektive in der Zürcher Innenstadt flog der Fall auf. Die Verantwortung übernahm Thiams engster Vertrauter - der für das operative Geschäft zuständige Pierre-Olivier Bouee räumte seinen Posten.

In seinem ersten öffentlichen Auftritt sagte der mit Rücktrittsforderungen konfrontierte Thiam: "Ich wusste nichts von der Überwachung." Möglicherweise habe Bouee nicht geglaubt, dass er etwas Falsches tue, und ihm deshalb davon nichts gesagt. Er habe jedenfalls nie erwogen, seinen Sessel zu räumen, sagte der Konzernchef.

ANALYSTEN ZWEIFELN AN RENDITEZIELEN

Auch im Quartalsabschluss gab es keine Hinweise, dass Kunden der Credit Suisse den Rücken kehren würden. Die Bank sammelte bei reichen Kunden im dritten Quartal Milliarden an Neugeld ein und steigerte die verwalteten Vermögen auf den Rekordstand von 1,5 Billionen Franken. Steigende Erträge in dem Geschäft, rückläufige Altlasten und ein Gewinn aus dem Verkauf einer Fondsplattform bescherten der zweitgrößten Bank des Landes einen Gewinnsprung von 108 Prozent auf 881 Millionen Franken.

Den größten Fortschritt verzeichnete die Handelsdivision. Im Anleihen- und im Aktienhandel schnitt Credit Suisse Analysten zufolge besser ab als die Konkurrenz. Thiam strafte damit Kritiker Lügen, die dem massiv verkleinerten Geschäft im Vergleich mit US-Riesen wie JP Morgan die Konkurrenzfähigkeit abgesprochen hatten. Erneut nicht auf Touren kam Credit Suisse dagegen im Kapitalmarkt-Beratungsgeschäft, wo die Bank bei der Beratung von Börsengängen und Übernahmen Boden verlor. Enttäuschend war Analysten zufolge zudem der von Preisdruck ausgelöste Ertragsrückgang im wichtigen Heimmarkt. Die Aktie sackte fast drei Prozent ab.

Wegen der politischen Unwägbarkeiten sei Credit Suisse bezüglich des kommenden Jahres vorsichtig, sagte Thiam. Obwohl Analysten weder an das Gewinnziel der Bank im laufenden noch im kommenden Jahr glauben, wollte Thiam davon nicht abrücken. Credit Suisse habe auf dem Investorentag vom 12. Dezember die Gelegenheit zu erklären, wie sie die Vorgaben erreichen wolle - oder diese zu senken, erklärte Vontobel-Analyst Andreas Venditti.

Sollte die Bank ihre Ziele verfehlen, wäre das Institut jedenfalls in guter Gesellschaft. Europas größtes Geldhaus, die britische HSBC, kappte kürzlich seine Prognosen für das kommende Jahr. Bei der UBS scheint das Rendite-Ziel im laufenden Jahr außer Reichweite. Und bei der in einem Dauerumbau steckenden Deutschen Bank wackeln die erst im Juli herausgegebenen Mittelfristziele bereits wieder.

Credit Suisse Group AG

WKN 876800 ISIN CH0012138530

Deutsche Bank AG

WKN 514000 ISIN DE0005140008