Reuters

Huawei/5G-Einsatz - Nach CDU-Parteitag noch drei Hürden

25.11.2019
um 09:42 Uhr

- von Andreas Rinke

Leipzig (Reuters) - Im Streit über den Einsatz des chinesischen Netzwerkausrüsters Huawei im neuen 5G-Mobilfunknetz ist aus Sicht der Bundesregierung auf dem CDU-Parteitag eine weitere Hürde genommen worden: Mit großer Mehrheit entschieden die Christdemokraten, dass Huawei nicht wie von den USA gefordert explizit ausgeschlossen wird.

Die Partei formulierte aber harte Kriterien für alle Anbieter. Es gab auch keine "Systementscheidung" gegen China: Sicherheitskriterien sollen für Firmen aus allen Ländern gelten - weshalb das Wort "undemokratischer Staat" in dem ursprünglichen Antrag durch "fremder Staat" ersetzt wurde. Zudem wird festgeschrieben, dass der Bundestag bei der Entscheidung über Huawei beteiligt werden soll und Deutschland auf jeden Fall die technologische Hoheit über das besonders leistungsstarke 5G-Netz behalten muss.

Nach Ansicht von Kanzleramtschef Helge Braun wird damit weitgehend die Haltung der Regierung bestätigt. Und die CDU vermied einen offenen Konflikt mit dem wichtigen Handelspartner China und einen Protektionismus-Vorwurf - bei gleichzeitiger Sicherheit des künftigen 5G-Netzes. Aber die Debatte ist damit nicht beendet. Denn CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, der Initiator des Kompromissantrages auf dem Parteitag, machte klar, wie problematisch er einen Huawei-Einsatz sieht: Gerade die großen chinesischen Unternehmen müssten mit dem chinesischen Geheimdienst kooperieren. "Darum muss klar sein: Dem chinesischen Staat, der kommunistischen Führung können wir nicht das deutsche 5G-Netz anvertrauen", sagte er am Samstag.

Ob es beim Verzicht auf einen China-Boykott bleiben wird, steht deshalb noch nicht fest. Denn der CDU-Parteitag war nur die erste von vier Hürden - eine weitere muss sogar bereits am Montag übersprungen werden.

IN SPD-FRAKTION DROHT FESTLEGUNG

Seit einigen Tagen plädiert eine Gruppe einflussreicher SPD-Bundestagsabgeordneten für eine harte Linie, die auf Huawei zielt. Sie will am Montag eine Festlegung der SPD-Fraktion erreichen und hat nach Angaben aus der SPD-Fraktion gute Chancen, sich durchzusetzen. Zwar wird das Unternehmen Huawei auch hier nicht ausdrücklich genannt. Aber es sollen nicht-vertrauenswürdige Hersteller ausgeschlossen werden, wenn eine "nicht-rechtsstaatliche kontrollierte Einflussnahme" droht. Damit dürfte der Einsatz von Produkten aus dem kommunistischen China sehr wohl ausgeschlossen sein.

Wie in der Union werden als Gründe die Gefahr von Spionage und Sabotage im hochsensiblen 5G-Netz genannt. Dazu kommt ein weiteres Argument: "Zur langfristigen Sicherheit gehört auch die Fähigkeit Europas, die 5G-Netze selbst bauen und betreiben zu können und die Entwicklung künftiger Technologien in diesem Bereich selbst in der Hand zu haben", heißt es in dem Papier. Es gehe um die "Rückgewinnung der digitalen Souveränität". Europäische Unternehmen sollten nicht durch "Dumpingpreisen" vom Markt gedrängt werden - was gegen die Argumentation der Telekommunikationsfirmen zielt, dass Huawei-Produkte die billigsten sind.

DOPPELTE BETEILIGUNG DES BUNDESTAGES SICHER

Auch wenn sich der Koalitionspartner SPD nicht auf diese scharfe Formulierung festlegen sollte, ist keineswegs sicher, dass die Bundesregierung bei ihrer Linie bleiben kann. Denn bisher kreiste die Debatte vor allem um die Zertifizierung der Produkte der Netzwerkausrüster wie Huawei. Hierfür hatten das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die Bundesnetzagentur Kriterien für den Einsatz von Hard- wie Software festgelegt. Der Bundestag war hier tatsächlich nicht involviert.

Aber gleich bei zwei weiteren Gesetzen ist künftig noch eine Mitwirkung des Bundestages geplant - dem IT-Sicherheitsgesetz und dem Telekommunikationsgesetz. In beiden Gesetzen, so heißt es in Koalitionskreisen, gibt es Stellschrauben gegen einen Einsatz von Huawei-Komponenten. "Der Bundestag hätte also auf jeden Fall ein Mitspracherecht gehabt", sagte der CDU-Abgeordnete Michael Meister der Nachrichtenagentur Reuters.

Im IT-Sicherheitsgesetz geht es darum, Kriterien vor allem für den Bereich der kritischen Infrastruktur festzulegen, zu denen etwa das Energienetz gehört. Hier gibt es die Möglichkeit, Verschärfungen in den Gesetzestext für die Mobilfunknetze zu schreiben. Außerdem muss das Telekommunikationsgesetz reformiert werden, worauf auch Kanzleramtschef Braun hinweist. Adressaten sind hier die Telekommunikationsbetreiber. Für sie wird festgelegt, nach welchen Kriterien sie ihr Netz aufbauen und wie sie die Vertrauenswürdigkeit von Lieferanten überprüfen müssen.

Denkbar ist, so heißt es in Koalitionskreisen, dass hier unterschiedliche Anforderungen für das Kernnetz und die sogenannte Peripherie des künftigen 5G-Netzes aufgestellt werden - also etwa Smartphones oder Sendemasten. Zwar ist unter Experten umstritten, ob sich verschiedene Bereiche des digitalen Netzes wirklich trennen lassen. Aber auch in der Bundesregierung wird darauf verwiesen, dass die Sicherheitsanforderungen für das Kernnetz, zu der etwa die Softwaresteuerung und zentrale Datenverarbeitung gehören, wesentlich strikter sein könnten.

Telekommunikationsfirmen scheinen sich darauf sogar schon einzustellen: Nach einem Bericht der "Wirtschaftswoche" plant die Deutsche Telekom, binnen zwei Jahren den Anteil an Komponenten aus Asien oder Amerika in diesem Kernnetz des 4G-Mobilfunknetzes, auf dem 5G aufbaut, auf Null zu senken. Die Bundesregierung könnte mit diesem Weg wohl leben. Auch Merkel versprach im CDU-Bundesvorstand am Donnerstag, dass der Anteil von Huawei-Produkten von derzeit 70 Prozent im Mobilfunknetz zugunsten europäischer Hersteller drastisch sinken solle - auch ohne einen formalen Ausschluss.

Ericsson

WKN 850001 ISIN SE0000108656