Reuters

Wahl in Großbritannien - "Es könnte nicht enger sein"

11.12.2019
um 15:52 Uhr

London (Reuters) - Einen Tag vor der Unterhaus-Wahl im Vereinigten Königreich hat sich ein Sieg für die Konservativen von Premierminister Boris Johnson abgezeichnet.

Allerdings bleibt fraglich, ob die Brexit-Befürworter im neuen Parlament eine Mehrheit haben werden. Einer jüngsten Erhebung vom Mittwoch zufolge kämen Johnsons Tories auf 45 Prozent der Wählerstimmen und die oppositionelle Labour-Partei auf 33 Prozent. Ob dies für eine Mehrheit der Sitze reichen würde, blieb offen. Johnson will Großbritannien am 31. Januar aus der Europäischen Union führen. Dazu muss das Unterhaus aber dem von ihm mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag noch zustimmen. Labour hat im Fall eines Wahlsiegs ein zweites Referendum zum Brexit angekündigt.

Der Umfrage des Instituts Opinion zufolge wäre der Vorsprung Johnsons vor seinem Herausforderer James Corbyn damit auf 12 von zuvor 15 Prozentpunkten geschmolzen. Prognosen zum Ausgang der Wahl am Donnerstag sind allerdings schwierig, da nach dem britischen Wahlrecht der Abgeordnete eines Wahlkreises mit den meisten Stimmen das Mandat gewinnt. Die anderen Stimmen fallen unter den Tisch. Das Ergebnis der Wahl vor zwei Jahren hatte das Meinungsforschungsinstitut YouGov akkurat vorhergesagt. Diesmal räumt YouGov Johnson die Chance ein, insgesamt 339 des 650 Sitze umfassenden Unterhauses zu gewinnen. Damit hätte er die Mehrheit und könnte seinen Brexit-Kurs durchsetzen. Zugleich sehen die Meinungsforscher aber auch die Möglichkeit, dass die Tories am Ende nur 311 Mandate erringen.

"SICHERHEIT VERDIENT"

"Es könnte nicht enger sein", räumte Johnson am Mittwoch selbst ein. "Ich sage nur jedem, das Risiko ist sehr realistisch, dass wir morgen wieder ein Parlament ohne klare Mehrheiten (hung parliament) haben." Die Folgen wären: "Mehr Ziellosigkeit, Verwirrung, Verzögerung und Lähmung für dieses Land", sagte Johnson, der nach dem Rücktritt von Theresa May seit Juli im Amt ist. Er hat seinen Wahlkampf darauf konzentriert, die seit mittlerweile mehr als drei Jahre andauernde Hängepartie zum Brexit mit dem EU-Austritt Großbritanniens zu beenden. Die Wahllokale öffnen um 08.00 Uhr MEZ und schließen um 23.00 Uhr MEZ. Mit ersten Ergebnissen wird in der Nacht zum Freitag gerechnet. Vor dem Hintergrund des unklaren Wahlausgangs stagnierte das Pfund Sterling am Mittwoch bei 1,3144 Dollar und 1,1870 Euro.

Der Ausgang der Wahl dürfte auch Thema beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel werden. Ein EU-Vertreter sagte am Mittwoch in Brüssel, die Union sei bereit, unmittelbar nach dem Austritt Großbritanniens über die künftigen Beziehungen beider Seiten zu beraten. "Wie auch immer das Ergebnis sein wird, die Botschaft der EU ist, wir sind bereit, mit den Verhandlungen zu beginnen", sagte der EU-Vertreter. "Die EU-Bürger, aber auch die EU-Unternehmen haben Sicherheit verdient." In Berlin schränkte ein deutscher Regierungssprecher aber ein, sollte es kein klares Ergebnis geben, dürfte eine Abstimmung schwierig sein. Denn dann müsste zunächst in London entschieden werden, wie man weiter vorgehen wolle.