Reuters

Netanjahu startet umstrittenes Siedlungsprojekt im Westjordanland

25.02.2020
um 16:47 Uhr

Jerusalem (Reuters) - Israels amtierender Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sechs Tage vor der Parlamentswahl die Wiederbelebung eines international kritisierten Siedlungsprojekts im Westjordanland angekündigt.

Er habe die Veröffentlichung des Bebauungsplans für 3500 Gebäude auf dem Hügel mit der Bezeichnung E-1 angeordnet, sagte Netanjahu am Dienstag in einer Rede und erhofft sich davon Unterstützung der jüdischen Siedler bei der Wahl. Der Sprecher des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas erklärte, damit überschreite der israelische Regierungschef rote Linien, und rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf.

Gegner des Bauprojekts warnen, damit werde das Westjordanland gespalten, Ost-Jerusalem von den Palästinensergebieten getrennt und ein eigenständiger palästinensischer Staat unmöglich gemacht. Das für jüdische Siedler gedachte Vorhaben wurde 2012 nach massiver internationaler Kritik eingefroren. Die USA, europäische Staaten und andere führende Länder werteten damals das Vorhaben als Gefahr für jede Lösung des Nahost-Konflikts.

Nach dem unlängst von US-Präsident Donald Trump präsentierten Nahost-Friedensplan, der eine Zwei-Staaten-Lösung vorsieht, würden die USA die israelischen Siedlungen im palästinensischen Westjordanland anerkennen, die von der Weltgemeinschaft als illegal erachtet werden. Im Gegenzug soll Israel während der Verhandlungen über einen Palästinenser-Staat vier Jahre den Siedlungsbau einfrieren.

Netanjahu kämpft auch um seine politische Zukunft, nachdem es ihm bei zwei Wahlen im vergangenen Jahr nicht gelungen war, in der Knesset eine Regierungsmehrheit zu schmieden. Allerdings scheiterte auch sein Kontrahenten Benny Gantz an einer Regierungsbildung.

Netanjahu werden zudem Bestechlichkeit, Betrug und Veruntreuung vorgeworfen, er wurde Ende Januar formell angeklagt. Die Ermittlungen gegen ihn laufen seit längerem. Netanjahu hat die Anschuldigungen zurückgewiesen. Es dürfte mehrere Monate dauern, bis tatsächlich ein Verfahren gegen ihn beginnt, das wiederum Jahre dauern könnte. Israels Staatsanwaltschaft hatte bereits im November Anklage gegen Netanjahu erhoben, wegen seines Antrags auf Immunität lag das Verfahren aber auf Eis.