Reuters

Wirtschaft sucht in Corona-Krise neue Lieferwege

05.03.2020
um 16:07 Uhr

- von Tom Käckenhoff und Patricia Weiss und Edward Taylor und Paul Carrel

Düsseldorf/Frankfurt/Berlin (Reuters) - In der deutschen Wirtschaft wächst die Sorge vor einer Unterbrechung der Lieferketten durch die Corona-Epidemie.

"Die Produktionsausfälle in China aufgrund des Coronavirus werden voraussichtlich auch im deutschen Maschinenbau für Einbußen sorgen", warnte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) am Donnerstag. China sei nicht nur der zweitwichtigste Abnehmer von Maschinen Made in Germany, Die Volksrepublik sei 2019 auch Deutschlands wichtigster ausländischer Lieferant von Maschinen gewesen, vor allem aber von Komponenten und Teilen. Die Firmen arbeiten mit Hochdruck daran, die Versorgung zu sichern. Viele Dinge, die normalerweise mit dem Schiff transportiert werden, würden nun per Luftfracht auf den Weg gebracht, berichtete Continental-Chef Elmar Degenhart bei der Vorlage der Bilanz 2019. Die schwierige Transportlage in China habe weltweite Auswirkungen, hatte bereits zuvor BASF-Chef Martin Brudermüller berichtet.

Für die ohnehin schwächelnden Maschinenbauer kommen die Probleme zur Unzeit. Die unter den internationalen Handelsstreitigkeiten, dem Brexit und dem zunehmenden Protektionismus leidenden Hersteller erwarten in diesem Jahr einen weiteren Rückgang der Produktion um zwei Prozent. Und es könnte noch schlechter kommen. "Die Prognose steht unter Druck", sagte VDMA-Chefvolkswirt Wiechers der Nachrichtenagentur Reuters. Im Moment lasse sich die weitere Entwicklung aber kaum abschätzen. "Wir müssen mit Einschränkungen entlang der Lieferketten von China nach Deutschland rechnen. Rund ein Viertel aller Vorleistungen des deutschen Maschinenbaus kämen aus dem Ausland. Der chinesische Wertschöpfungsanteil allein dürfte inzwischen rund drei bis vier Prozent erreicht haben. "Das erscheint auf den ersten Blick zwar gering. Doch die globalen Wertschöpfungsketten sind eng verzahnt." Falls keine anderen Lieferanten einspringen, könne dies am Ende dazu führen, dass Maschinen nicht an den Kunden ausgeliefert werden können.

MITARBEITER IN CHINA UNTER QUARANTÄNE

Viele Firmen haben bereits Maßnehmen ergriffen. "Wir haben frühzeitig mit der Einrichtung einer Task Force reagiert, so dass wir bislang die Lieferketten aufrechterhalten konnten", berichtet ein Sprecher des Ventilatoren- und Motorenherstellers ebm-papst. Das Familienunternehmen aus Baden-Württemberg hat drei Werke in China mit insgesamt rund 2000 Mitarbeitern, die sowohl den asiatischen Markt als auch Deutschland beliefern. "Wir beziehen von dort unter anderem Magnete und Rohleiterplatten für unsere Ventilatoren und Motoren." Vor wenigen Wochen standen in China noch hunderte Mitarbeiter unter Quarantäne, inzwischen liegt die Auslastung bei etwa 85 Prozent, nachdem sie zuvor auf 50 Prozent gefallen war." Bei den Lieferketten weiche die Gruppe auf alle Transportwege aus, nachdem es insbesondere im Seeverkehr zu Engpässen gekommen ist. So seien etwa Container knapp geworden. "Egal, ob See-, Bahn- oder Luftverkehr – die Transportkosten sind exorbitant gestiegen."

Dass sich die Unternehmen schnell anpassen, ergab auch eine Umfrage der auf Lieferketten spezialisierten Kloepfel Group. Nach einer ersten Erhebung Anfang Februar hätten die Experten nun eine weitere vorgenommen. "Als Zwischenbilanz kann man festhalten, dass sich viele Unternehmen in den letzten vier Wochen der aktuellen Lage angepasst haben, um ihre Versorgungssituation zu stabilisieren. Jedoch sind inzwischen mehr Unternehmen von Lieferengpässen betroffen." Die Zahl derjenigen die noch nicht von Lieferantenausfällen betroffen seien habe sich reduziert. Während in der ersten Blitzumfrage vor einem Monat 42 Prozent sagten, noch nicht betroffen zu sein, seien es aktuell nur noch 24 Prozent. "Aber die Unternehmen haben sich beispielsweise durch die Beschaffung neuer Lieferquellen der Lage angepasst."

Bei Thyssenkrupp hat sich die Lage in China nach Firmenangaben entspannt. "Durch die staatlich verordnete Verlängerung der Neujahrsferien konnte die Produktion in den chinesischen Werken von Thyssenkrupp wie auch bei unseren Kunden erst nach dem 10. Februar, mancherorts sogar noch später wieder sukzessive aufgenommen werden", sagte ein Sprecher am Donnerstag. Inzwischen laufe der Betrieb wieder weitgehend normal, größere Verwerfungen bei den Lieferketten seien nicht bekannt. Wirtschaftliche Folgen der Produktionspause ließen sich noch nicht klar beziffern.

BASF SE

WKN BASF11 ISIN DE000BASF111

Continental AG

WKN 543900 ISIN DE0005439004

GEA Group AG

WKN 660200 ISIN DE0006602006

Siemens AG

WKN 723610 ISIN DE0007236101

thyssenkrupp AG

WKN 750000 ISIN DE0007500001