Reuters

US-Einreiseverbot wegen Coronavirus trifft Airlines hart

12.03.2020
um 15:32 Uhr

- von Christian Krämer und Ilona Wissenbach

Frankfurt/Berlin/Washington (Reuters) - Der Einreisestopp der USA gegenüber Europa versetzt den Fluggesellschaften in der Corona-Krise einen weiteren Schlag.

"Das Einreiseverbot in die USA trifft die Lufthansa besonders hart", sagte der Luftfahrtkoordinator der Bundesregierung, Thomas Jarzombek, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Er kündigte ein Krisentreffen mit der Branche und den Gewerkschaften für Montag an. Transatlantik-Flüge seien mit einem Umsatzanteil von 20 bis 30 Prozent die wichtigste Gewinnquelle der großen europäischen Airlines, erklärte Neil Glynn, Analyst von Credit Suisse. Nach Einschätzung von Daniel Röska von Bernstein Research wird das 3500 Flüge wöchentlich und bis zu 800.000 Passagiere betreffen. Der Luftverkehr zwischen dem Schengen-Raum in Europa und den USA komme damit zum Erliegen.

US-Präsident Donald Trump verhängte einen Einreisestopp für Nicht-Amerikaner aus EU-Ländern für 30 Tage. Die überraschende Maßnahme im Kampf gegen die Pandemie gilt von Freitag an ab Mitternacht. Am Aktienmarkt brachen europäische Airline-Aktien, die seit Jahresbeginn schon mehr als ein Drittel an Wert einbüßten, weiter ein. Der Dax sackte um zehn Prozent ab. Lufthansa-Papiere rauschten bis zu zwölf Prozent in die Tiefe. Aktien der ohnehin schon schwächelnden norwegischen Fluggesellschaft Norwegian Air Shuttle litten mit einem Minus von 20 Prozent noch stärker. Norwegen gehört neben Island und der Schweiz zu den Nicht-EU-Staaten des Schengen-Raums, in dem es regulär keine Grenzkontrollen gibt. Auch der Reisekonzern TUI geriet mit mehr als 13 Prozent Kursverlust in den Sog, obwohl sein US-Geschäft nur einen kleinen Anteil hat.

AIRLINES FORDERN HILFE

Die EU missbilligte das Einreiseverbot für Bürger der Europäischen Union. Es sei einseitig und ohne Abstimmung mit den Europäern getroffen worden, erklärten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel. Der europäische Luftfahrtverband "Airlines for Europe" (A4E) forderte Unterstützung. "Es wird die europäischen Airlines Zeit und harte Arbeit kosten, sich von dem Schaden zu erholen, den der Ausbruch von Covid-19 verursacht hat", erklärte A4E. Zusätzliche Belastungen zum Klimaschutz sollten verschoben werden. Konkret dringen die Airlines neben dem Aussetzen der Vorschriften zur Mindestnutzung von Start- und Landerechten auf einen Verzicht neuer Steuern im Rahmen der Energiebesteuerung. Die Coronavirus-Epidemie müsse außerdem als außerordentlicher Umstand in die Fluggastrechte-Verordnung aufgenommen werden, damit keine Entschädigungszahlungen fällig werden.

Die französische Regierung versprach, Air France KLM "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln" zur Seite zu stehen. Frankreich und die Niederlande sind an der Fluggesellschaft zu jeweils 14 Prozent beteiligt.

ERSTE FLUGSTREICHUNGEN

Nachdem wegen Corona schon massiv Flüge in Europa ausgesetzt sind, begann die nächste Runde von Flugstreichungen: So sagte Finnair USA-Flüge bis zum 12. April ab. Die skandinavische SAS erklärte, sämtliche USA-Flüge seien betroffen. Lufthansa und Air France KLM prüften die Auswirkungen noch. Für die Lufthansa sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Auslandsmarkt außerhalb Europas. Bei den Netzwerk-Airlines Lufthansa, Swiss und Austrian Airlines machen Transatlantikflüge nach Amerika ein Drittel des Umsatzes aus. Von Januar bis September waren das 5,4 Milliarden Euro. Die Flugbegleitergewerkschaft UFO, die nach harter Auseinandersetzung mit der Lufthansa um neue Tarifverträge ringt, erklärte: "Wir stehen jederzeit zur Verfügung, um hier auch sehr kurzfristig und unkonventionell mit dieser außergewöhnlichen Situation umzugehen."

In die USA einreisen dürfen nur US-Bürger und Ausländer mit dauerhaftem Wohnsitz in den Vereinigten Staaten mit ihren engsten Angehörigen. Flüge sind noch zu US-Flughäfen mit strengen Ankunftskontrollen der Passagiere möglich. Die US-Airlines werde das "extrem hart" treffen, sagte der Präsident des amerikanischen Airline-Verbandes Nicholas Callio. Die Chefin der US-Flugbegleiterorganisation CWA, Sarah Nelson, nannte den Schritt unverantwortlich. Das werde die Ausbreitung des Erregers nicht stoppen. "Das ist wenig sinnvoll, denn das Virus ist schon in den USA."

Neben den Airlines wird der Tourismus in den USA unter der Abschottung leiden. Der US-Reiseverband erklärte, im März vergangenen Jahres stammten 29 Prozent aller Reisenden und 3,4 Milliarden Dollar Umsatz aus Europa. "Das wird die ohnehin schon starken Auswirkungen des Coronavirus auf die Reisebranche und die 15,7 Millionen Amerikaner, deren Arbeitsplätze vom Reisen abhängen, noch verschärfen", erklärte der Präsident des US-Reiseverbands Roger Dow. Manche Reisende gerieten in Panik. So trat eine Studentin aus den USA am Flughafen in Madrid nach der Ankunft umgehend die Heimreise an. Eine Rentnerin war erleichtert, gerade noch so aus Spanien in Richtung Miami aufbrechen zu können in der Hoffnung, von dem Virus verschont zu werden. "Wir sind froh, Europa verlassen zu können", sagte Cristina Elvira.

(Reporter: Ilona Wissenbach, Laurence Frost, Leigh Thomas, Clara-Laeila Laudette, Lisa Baertlein, David Shepardson; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1236 oder 030-2888 5168.)

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