Reuters

Airlines weltweit gehen in die Knie - Ruf nach Staatshilfe

16.03.2020
um 11:07 Uhr

- von Sarah Young und Tracy Rucinski und Jamie Freed

London/Sydney/Chicago/Berlin (Reuters) - Nach weiteren Grenzschließungen mehrerer Länder fürchten Fluggesellschaften in aller Welt um ihre Existenz und rufen verstärkt nach Staatshilfe.

Airlines wie Lufthansa, Air France KLM, die British Airways Mutter IAG und der Billigflieger Easyjet fahren ihre Kapazitäten kräftig herunter, weil immer weniger Menschen wegen verschärfter Reisebestimmungen und aus Furcht vor dem Coronavirus überhaupt noch fliegen. "Die europäische Luftfahrt steht vor einer gefährlich Zukunft, und es ist klar, dass eine koordinierte staatliche Unterstützung nötig sein wird, um das Überleben der Branche zu sichern und ihre Tätigkeit auch nach der Krise fortzusetzen", sagte Easyjet-Chef Johan Lundgren am Montag. Die Bundesregierung berät am Mittag mit der deutschen Luftfahrt über die Krise und mögliche Hilfen der öffentlichen Hand.

Der weltgrößte Touristikkonzern TUI, der mit Tuifly auch eine Airline betreibt, stoppt wegen des Coronavirus den größten Teil seines Geschäfts und beantragt zur Überbrückung Staatshilfe. Die TUI-Aktien fielen um rund 28 Prozent auf ein Rekordtief. Auch die Papiere der Airlines brachen ein: Easyjet-Aktien fielen um etwa 30 Prozent, Air France KLM lagen nach Handelsbeginn rund 19 Prozent im Minus, IAG etwa 28 Prozent und die Lufthansa-Papiere rund 18 Prozent.

IAG-CHEF WALSH - WIR HABEN NICHT UM STAATSHILFE GEBETEN

British Airways-Eigentümer IAG fährt im April und Mai die Kapazitäten um mindestens 75 Prozent herunter. Der scheidende Konzernchef Willie Walsh wird zudem seinen Abgang verschieben. "Ich denke, dass einzelne Fluggesellschaften sich an Regierungen gewandt haben, um staatliche Beihilfen zu erhalten, wir haben dies nicht getan", sagte Walsh in Telefonkonferenz mit Investoren. "Die Regierungen würden von den Fluggesellschaften erwarten, dass sie sich um Selbsthilfe bemühen, bevor sie die Regierungen um staatliche Beihilfen bitten." IAG werde sich aber um staatliche Unterstützung zugunsten der Beschäftigten bemühen.

Um das Überleben der Fluggesellschaft zu sichern, sollen zudem Ausgaben eingefroren, Arbeitszeiten verkürzt und Arbeitsverträge vorübergehend ausgesetzt werden. IAG und Easyjet zogen ihre Prognosen für das laufende Geschäftsjahr wegen der Unsicherheit zurück. Die französisch-niederländische Fluggesellschaft Air France KLM wird ihre Flotte zum großen Teil auf dem Boden lassen. Die Kapazitäten sollen schrittweise um bis zu 90 Prozent zurückgefahren werden, teilte der Konzern mit. Zudem sollen 200 Millionen Euro an Kosten eingespart und Investitionen um 350 Millionen Euro gekürzt werden. Die Airline begrüßte Äußerungen der französischen und niederländischen Regierungen zu möglichen Staatshilfen. Der Konzern erklärte ferner, Air France werde die gesamte Airbus 380-Flotte und KLM seine gesamte Boeing-747-Flotte am Boden halten.

Auch der deutsche Branchenprimus Lufthansa spürt die Krise und will sich durch Sparen, Kurzarbeit und eine Aussetzung der Dividende für 2019 dagegen wappnen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte zuvor in einer Reuters am Freitag vorliegenden Videobotschaft an die Mitarbeiter gesagt, dass die Auswirkungen der Krise immer dramatischer würden. Die Airline ziehe bei einer weiteren Verschärfung der Corona-Krise staatliche Hilfen in Betracht.

Beim Krisengipfel im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin dürfte es darum gehen, ob über Liquiditätshilfen und Kurzarbeitergeld hinaus weitere Hilfen nötig sind. Im Raum steht eine Befreiung von der Luftverkehrssteuer, die eigentlich ab April aus Klimaschutzgründen steigen soll. Regierungskreisen zufolge sollen die Unternehmen über ihre Lage berichten, um zu klären, wie lange die eigenen Puffer reichten.

Air France-KLM S.A.

WKN 855111 ISIN FR0000031122

Airbus SE

WKN 938914 ISIN NL0000235190

Boeing Co.

WKN 850471 ISIN US0970231058

Deutsche Lufthansa AG

WKN 823212 ISIN DE0008232125

Easyjet PLC

WKN A1JTC1 ISIN GB00B7KR2P84

International Consolidated Airlines Group S.A.

WKN A1H6AJ ISIN ES0177542018