Reuters

Bundesregierung will Abstandsregel noch viele Monate in Kraft lassen

09.04.2020
um 13:32 Uhr

Berlin/Düsseldorf (Reuters) - Die Menschen in Deutschland werden noch viele Monate auf Distanz gehen müssen.

Der Verzicht auf Händeschütteln oder der Mindestabstand von 1,5 Metern werde auch bei einer Lockerung der Einschränkungen weiterhin gelten, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Donnerstag in Berlin. "Das wird definitiv etwas sein, was uns im Alltag noch über viele viele Monate begleitet." Voraussetzung für eine Lockerungen sei aber, dass die Kontaktsperren auch über die bevorstehenden Ostertage strikt eingehalten würden. Anders als etwa NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wollte Spahn nicht über ein Szenario nach Ende der Osterferien sprechen. Eine Studie aus dem einst besonders stark vom Virus betroffenen Landkreis Heinsberg hatte Lockerungen als möglich bezeichnet. Bund und Länder wollen am Mittwoch über die Aufhebung von Einschränkungen sprechen.

Die Debatte über einen sogenannten Exit aus den Kontaktsperren wird seit Tagen durch die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) befeuert. Die Zahl der Neuinfektionen stieg in dieser Woche täglich nur noch um vier bis fünf Prozent. Die Gesamtzahl der Infektionen wird mit rund 108.000 Fällen beziffert. Fast 50.000 Menschen schätzt das RKI allerdings bereits als genesen ein - mit täglich steigenden Zahlen.

Eine Studie zur Verbreitung des Corona-Virus im besonders schwer betroffenen Kreis Heinsberg in NRW zeigt dem Bonner Virologen Hendrik Streeck zufolge, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie gelockert werden können. Die Pilotstudie ergebe in einer Zwischenbilanz, dass mit einer Rücknahme von Auflagen bei Sicherung der Hygiene-Maßnahmen begonnen werden könne. Die Zuwachsraten im Kreis Heinsberg wiesen eine fallende Kurve aus, sagte der Landrat des Kreises, Stephan Pusch. Vor allem wegen des Karnevals hatte sich das Virus dort schnell ausgebreitet und Heinsberg lange zum Hotspot der Epidemie in Deutschland gemacht.

DEUTSCHE PRODUKTION VON MASKEN SOLL HOCHGEFAHREN WERDEN

Spahn und Wirtschaftsminister Peter Altmaier erarbeiteten ein Konzept, die Produktion von Schutzausrüstung wie Masken in Deutschland und Europa zu erhöhen. Dafür habe das Corona-Kabinett am Donnerstag einen Arbeitsstab Produktion und Produktionskapazitäten eingesetzt, sagte Altmaier. Schon jetzt stehe fest, dass das Thema ausreichende Masken, Testausstattung und Wirkstoffe von entscheidender Bedeutung sei, wenn es darum gehe, Produktionsprozesse und das öffentliche Leben wieder hochzufahren. Dabei gehe es auch um fairen Wettbewerb. Wenn etwa große Konzerne ausreichend Masken hätten und Mittelständler keine, könnten letztere die Produktion so nicht wieder aufnehmen.

Bund und Länder wollen mit ihren Hilfsprogrammen gerade den Mittelstand und Selbständige schützen und in die Lage versetzen, die Krise zu überstehen. Nordrhein-Westfalen stoppte allerdings die Auszahlung von Landes-Soforthilfen für Solo-Selbständige und Kleinstbetriebe in Abstimmung mit dem Landeskriminalamt vorerst. Demnach haben Betreiber auf Fake-Seiten mit gefälschten Antragsformularen Daten abgefischt und diese wohl für kriminelle Machenschaften genutzt. Daraufhin habe das Land die Bezirksregierungen angewiesen, die weitere Auszahlung der Gelder vorerst auszusetzen. Anträge könnte aber weiter gestellt werden.