Reuters

Corona-Krise hat Automärkte weltweit im Griff

17.04.2020
um 15:12 Uhr

Hamburg (Reuters) - Die Coronavirus-Krise lässt die Autonachfrage weltweit einbrechen.

Während sich auf dem größten Automarkt in China, wo die Pandemie ihren Ursprung hat, nach einem massiven Rückgang der Verkäufe inzwischen eine Erholung abzeichnet, geht die Talfahrt in Europa und den USA erst richtig los. In der Europäischen Union wurden im März weniger als halb so viele Autos verkauft als vor Jahresfrist, weil die Autohändler wegen der Einschränkungen zur Bekämpfung der ansteckenden Lungenkrankheit geschlossen sind und die Produktion fast überall in Europa ruht. Experten rechnen damit, dass sich die Talfahrt im April in der EU noch beschleunigen wird. Erst danach dürfte es langsam wieder bergauf gehen.

"Den April kann die Branche weitgehend abschreiben", sagte Autoexperte Peter Fuß von der Unternehmensberatung EY. "Selbst wenn nun die Autohäuser in einigen Ländern wieder öffnen und die Engpässe bei den Zulassungsstellen hoffentlich behoben werden, werden die Kunden nicht plötzlich in Scharen in die Autohäuser strömen." Wer wegen der Krise seinen Arbeitsplatz verloren habe oder in Kurzarbeit sei, werde sich kein neues Auto leisten. Auch bei den gewerblichen Neuzulassungen durch Firmen rechnet Fuß mit weiteren Einbußen, da viele von ihnen wegen Umsatzrückgängen gezwungen seien, zu sparen.

Die Produktion werde erst langsam anlaufen können. Schon das sei angesichts der weltweit stark verflochtenen Lieferketten mit teils mehreren hundert Zulieferern eine gigantische Herausforderung, sagte Fuß. Im schlimmsten Fall stünden die Automobilwerke wenige Tage nach dem Hochlaufen schon wieder still, weil wesentliche Teile fehlten. VW und Daimler wollen ab Montag einige Werken schrittweise wieder anfahren. So richtig in Gang kommen dürften die Bänder erst wieder Anfang Mai. BMW etwa hatte die Produktionsunterbrechung an seinen Standorten in Europa, Südafrika, den USA und Mexiko unlängst bis 30. April verlängert.

ZWISCHEN HOFFEN UND BANGEN

Für die Hersteller bestehe aber durchaus Grund zur Hoffnung, meint Fuß. Denn derzeit würden in großem Stil geplante Anschaffungen vertagt. "Die Branche schiebt also eine immer größer werdende Welle an Neuwagenverkäufen vor sich her." Wenn die Krise überwunden und ein Impfstoff beziehungsweise wirksame Medikamente gefunden seien, werde es einen "enormen" Nachholbedarf geben, zeigte sich Fuß optimistisch.

Während die Neuregistrierungen in den EU-Ländern im März um 55 Prozent fielen, sank der Absatz auf dem nach China weltweit zweitgrößten Automarkt USA um 38 Prozent. In China fielen die Pkw-Verkäufe im vergangenen Monat um 48 Prozent, nachdem sie dort im Februar noch um mehr als 80 Prozent eingebrochen waren. Auch in Indien halbierte sich der Pkw-Absatz im März. In Brasilien ging es um ein Fünftel abwärts. Lediglich in Japan blieb das Minus laut dem deutschen Verband der Automobilindustrie mit neun Prozent einstellig.

Volkswagen rechnet damit, dass sich die Erholung des chinesischen Automarktes in den nächsten Monaten fortsetzen wird und setzt dabei auch auf staatliche Unterstützung. VW-China-Chef Stephan Wöllenstein erwartet, dass die Pkw-Nachfrage im Sommer wieder das Vorjahresniveau erreichen kann. Die weitere Entwicklung hänge davon ab, wie sich die Weltwirtschaft entwickele und ob die chinesische Regierung ein Konjunkturprogramm auflege, über das derzeit diskutiert werde.

China ist der größte Absatzmarkt der Wolfsburger. In guten Zeiten fährt Volkswagen dort mit seinen beiden Gemeinschaftsunternehmen einen großen Teil seines Gewinns ein. Wegen der massiven Einschränkungen durch die Corona-Pandemie war das Geschäft im Februar um 74 Prozent eingebrochen. Im März fiel das Minus zum Vorjahr mit 35,5 Prozent nur halb so hoch aus. Schon seit einigen Wochen arbeiten 32 der insgesamt 33 Fahrzeug- und Komponentenwerke des Konzerns in China wieder. Bereits Anfang April hatte die Marke VW berichtet, dass fast alle 2000 Händler dort wieder geöffnet haben.

Rund um den Globus lieferte Volkswagen im vergangenen Monat 623.000 Fahrzeuge an die Kunden, 37,6 Prozent weniger als vor einem Jahr. Das lag auch an einem massiven Verkaufsrückgang in Europa und Nordamerika. Seit Jahresanfang schlug der Konzern weltweit 2,0 Millionen Fahrzeuge los, minus 23 Prozent.

Bayerische Motoren Werke AG

WKN 519000 ISIN DE0005190003

Ford Motor Co.

WKN 502391 ISIN US3453708600

Mercedes-Benz Group AG

WKN 710000 ISIN DE0007100000

Nissan Motor Co. Ltd.

WKN 853686 ISIN JP3672400003

Renault S.A.

WKN 893113 ISIN FR0000131906

Volkswagen AG Vz.

WKN 766403 ISIN DE0007664039