Reuters

Beschluss über neue Kampfjets womöglich erst nach Bundestagswahl

20.04.2020
um 11:27 Uhr

- von Sabine Siebold

Berlin (Reuters) - Der Kauf von fast 150 Kampfjets für die Bundeswehr dürfte sich nach Einschätzung aus dem Verteidigungsministerium wegen Widerstands aus der SPD auf die nächste Legislaturperiode verschieben.

"Die parlamentarische Befassung mit der entsprechenden 25-Millionen-Vorlage ist erst 2021 oder 2022 zu erwarten", sagte ein Insider aus dem Ministerium in Berlin am Montag. Er bekräftigte zugleich Planungen von Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), bis zu 93 Eurofighter und bis zu 45 F-18 von Boeing zu beschaffen. Ursprünglich sollte über den Auftrag bereits Anfang diesen Jahres entschieden werden. Eine Verzögerung dürfte vor allem Airbus unter Druck setzen: Wegen einer Auftragsflaute hat die Rüstungssparte den Abbau von knapp 2400 Stellen bis Ende 2022 angekündigt.

Ein Großauftrag über fast hundert Jets dürfte Airbus mehr als gelegen kommen. Dies könnte indirekt auch den Druck auf die SPD-Linke erhöhen, dem Auftrag doch noch zuzustimmen. Von den geplanten Stellenstreichungen bei Airbus sind auch 829 Arbeitsplätze in Deutschland betroffen. Die Kritik der SPD-Linken richtet sich vor allem gegen die mit dem Eurofighter-Vertrag verknüpfte Beschaffung amerikanischer Jets. Je näher die parlamentarische Entscheidung an die Bundestagswahl 2021 heranrückt, desto stärker dürften die Einigungschancen jedoch schrumpfen. Der Haushaltsausschuss des Bundestags muss Rüstungsaufträge ab einem Volumen von 25 Millionen Euro genehmigen. Die Union ist hier auf die Stimmen der SPD angewiesen.

F-18 SOLL ATOMBOMBEN TRAGEN UND RADAR-STELLUNGEN AUSSCHALTEN

Nach der anstehenden Ausmusterung der alternden Tornado-Flotte soll die F-18 zwei entscheidende Aufgaben übernehmen, die der Eurofighter bislang noch nicht erfüllen kann: Die nukleare Teilhabe und die elektronische Kriegführung. Die Luftwaffe hat bisher in Büchel rund 45 Tornado-Jets stationiert, die im Krisenfall amerikanische Atombomben zum Ziel tragen sollen. Andere deutsche Flugzeuge verfügen über diese Fähigkeit nicht. Die amerikanische F-18 ist dafür zertifiziert. Sie beherrscht außerdem eine weitere Fähigkeit, die in der Nato heiß begehrt ist: Sie kann feindliche Flugabwehr-Radare orten und bekämpfen.

Die übrigen Aufgaben des Tornados sollen künftig vom Eurofighter übernommen werden. Die Bundeswehr verfügt momentan noch über 85 Tornado-Jets sowie 143 Eurofighter, darunter 33 alte, nur begrenzt einsatzfähige Maschinen aus der ersten Lieferung. Der Ersatz der 33 alten Jets durch neue Eurofighter ist Teil des geplanten Rüstungspakets. Langfristig arbeiten Deutschland und Frankreich mit den Konzernen Dassault und Airbus an der Entwicklung eines Kampfjets der nächsten Generation, über den die Bundeswehr ab etwa 2040 verfügen soll.

Im Bundesverteidigungsministerium war am Wochenende ein Medienbericht zurückgewiesen worden, wonach Kramp-Karrenbauer die Bestellung der Boeing-Jets gegenüber ihrem US-Kollegen Mark Esper trotz des Widerstands der SPD bereits fixiert hat. "Eine Bestellung gibt es nicht - dafür müsste ja auch das Parlament entscheiden", sagte ein Insider am Sonntag. Auch im Pentagon hieß es, man warte noch auf eine offizielle Bekanntgabe.

Airbus SE

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Boeing Co.

WKN 850471 ISIN US0970231058