Reuters

Credit Suisse schafft Gewinnsprung trotz Kreditrückstellungen

23.04.2020
um 14:17 Uhr

- von Oliver Hirt

Zürich (Reuters) - Die Credit Suisse legt die Messlatte für die übrigen europäischen Großbanken hoch: Trotz Corona-Krise konnte der neue Konzernchef Thomas Gottstein am Donnerstag einen Gewinnsprung von 75 Prozent auf den höchsten Wert der vergangenen fünf Jahre präsentieren.

Die zweitgrößte Schweizer Bank, die nach den US-Banken am Donnerstag als erstes europäisches Institut ihre Quartalsbilanz zog, sieht allerdings dunkle Wolken aufziehen. Wegen der Rezession, die Firmen rund um den Globus in Schieflage bringen dürfte, vervielfachte Credit Suisse die Rückstellungen für faule Kredite. Dank dem von seinem Vorgänger abgeschlossenen Umbau von einer Investmentbank hin zu einem Vermögensverwalter für reiche Privatkunden dürfte das Institut besser durch die Rezession kommen als etwa die Deutsche Bank. "Ich schlafe ruhig", sagte Gottstein. "Wir glauben, dass wir auch in der Krise widerstandsfähig bleiben werden."

Der Quartalsabschluss kann sich sehen lassen: In den ersten drei Monaten 2020 steigerte das Geldhaus den Gewinn um 75 Prozent auf 1,3 Milliarden Franken. Analysten verwiesen zwar darauf, dass der Gewinnsprung auch Sonderfaktoren wie dem Erlös aus dem Verkauf einer Fondsplattform und einer negativen Steuerquote zu verdanken war. Doch auch im operativen Geschäft verdiente die Bank mehr. Die Erlöse aus dem Wertpapier-Handel kletterten um ein Viertel, zugleich fuhr Credit Suisse trotz der erschwerten Arbeitsbedingungen die operativen Ausgaben weiter zurück. "Es war tatsächlich eine Feuertaufe", sagte Gottstein. "Das hätte ich nicht erwartet, als ich begann."

KEINE ENTLASSUNGEN WÄHREND DER PANDEMIE

Die Credit Suisse steht vergleichsweise gut da, weil Gottsteins Vorgänger Tidjane Thiam die Bank mit einem neuen Geschäftsmodell, einer stärkeren Bilanz und tieferen Kosten wetterfester gemacht hat. Trotz seiner Erfolge musste Thiam seinen Posten im Februar wegen einer Beschattungsaffäre räumen. Der als bodenständig geltende Gottstein ist in vielerlei Hinsicht der Gegenentwurf zu seinem glamourösen Vorgänger. Den ersten Akzent setzte der frühere Investmentbanker mit einem Kreditprogramm der Schweizer Banken für die an der Coronakrise leidenden Mittelständler, an dessen Entwicklung er maßgeblich beteiligt war.

Kredite dürften Gottstein noch eine Weile beschäftigen, vor allem die im Ausland. So hat Credit Suisse bei Öl- und Gasfirmen, die unter dem Kollaps der Rohstoffpreise leiden, insgesamt 7,7 Milliarden Dollar ausstehen. Im ersten Quartal schraubte die Bank die Kreditrückstellungen auf 568 (Vorjahreszeitraum: 81) Millionen Franken hoch und warnte, dass in den kommenden Quartalen möglicherweise eine weitere Aufstockung der Reserven notwendig werden könnte. Insgesamt beläuft sich das Kreditbuch der Bank auf 303 Milliarden Franken.

Dennoch hob sich Credit Suisse von den US-Banken ab, die bis vor kurzem noch als Maß aller Dinge in der Branche galten. Wegen des wirtschaftlichen Stillstands und der Millionen Arbeitslosen mussten die Wall Street-Häuser Milliarden für faule Kredite zurückstellen und im Gegenzug Gewinneinbrüche einstecken. Zu schaffen macht ihnen vor allem dass Geschäft mit Konsumkrediten und Kreditkarten, das sie in Boomzeiten ausgebaut haben. In diesem Bereich sind Credit Suisse, UBS und die meisten anderen europäischen Häuser viel weniger exponiert.

WERTPAPIERGESCHÄFT PROFITIERT VON MARKTTURBULENZEN

Für die Credit Suisse zahlte sich aus, dass sie wie die Amerikaner immer noch im Wertpapiergeschäft engagiert ist. Denn die Turbulenzen an den Börsen befeuerte das Handelsvolumen und ließen die Einnahmen in dem Geschäft sprudeln. Die Deutsche Bank, die ihre Quartalsbilanz am 29. April vorlegen will, kann davon nur noch zum Teil profitieren, weil sie im Zuge ihres Konzernumbaus aus dem Geschäft ausgestiegen war.

Obwohl Analysten und Anleger immer wieder einen Ausstieg aus dem Investmentbanking ins Spiel bringen, will Gottstein von einem Strategie-Schwenk nichts wissen. Das Kerngeschäft mit Superreichen könne Credit Suisse nur im Verbund mit Investmentbanking-Dienstleistungen wie dem Wertpapier-Handel oder der Beratung bei Übernahmen oder Börsengängen erfolgreich betreiben. Bei den Zielen äußerte sich Gottstein mit Blick auf die Virus-Krise etwas verhaltener als bisher. Die Bank habe in den vergangenen vier Quartalen bewiesen, dass sie eine Eigenkapitalrendite um zehn Prozent erreichen könne. "Das ist immer noch unser Ziel, zumindest mittelfristig", sagte er. In den nächsten zwei bis drei Quartalen dürfte dieser Wert aber schwerer zu erreichen sein. Für die Mitarbeiter hat Covid-19 aber auch eine positive Seite. Solange die Epidemie wütet, will Gottstein keine Mitarbeiter entlassen.

Credit Suisse Group AG

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WKN 514000 ISIN DE0005140008