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Das 130-Mrd-Euro-Konjunkturpaket - Die Details im Überblick

04.06.2020
um 07:57 Uhr

- von Holger Hansen

Berlin (Reuters) - Etwa 21 Stunden haben die Spitzen von CDU, CSU und SPD beraten, um aus einem Bündel von über 80 Punkten ein Konjunkturpaket zu schnüren.

Am Mittwochabend um 22.30 Uhr steht die Einigung, und sie beginnt mit einem Paukenschlag: Für sechs Monate wird ab dem 1. Juli die Mehrwerststeuer auf 16 Prozent und der ermäßigte Satz auf fünf Prozent gesenkt. Um rund 20 Milliarden Euro werden die Verbraucher entlastet, wenn die Preise entsprechend sinken.

57 Punkte umfasst das Papier, das die Koalition als "Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket" und als "Zukunftspaket" vorstellt. Das Finanzvolumen beziffert Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf 130 Milliarden Euro. Autokaufprämien ja, aber nicht für Verbrennerautos - ein Kinderbonus von 300 Euro - Milliardenspritzen für die Kommunen, aber keine Übernahme ihrer Altschulden - das sind wichtige Details der Einigung.

"Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen", sagt Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Das Gesamtpaket soll die Wirtschaft ankurbeln, um Deutschland schnellstmöglich aus dem größten Konjunktureinbruch der Nachkriegszeit herauszusteuern. Die Bundesregierung rechnet offiziell noch mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr um 6,3 Prozent. Doch Wirtschaftsminister Peter Altmaier ließ bereits durchblicken, dass es auch noch schlimmer kommen könnte. Es folgt ein Überblick über Details:

- Finanzierung: "Nicht alles" werde über zusätzliche Schulden finanziert werden müssen, sagte Scholz - aber es sei sicher, dass der Bund für 2020 einen zweiten Nachtragsetat benötigen werde. Ende März war ein erster Nachtragsetat beschlossen worden, der zur Bewältigung der Viruskrise Schulden von 156 Milliarden Euro ermöglichte. Von diesem Puffer sind laut Scholz deutlich über 60 Milliarden Euro noch nicht verbraucht.

- Neben der Mehrwertsteuersenkung (CSU-Chef Markus Söder: "Das war eine Idee der Union.") vom 1. Juli bis 31.12.2020 verspricht die Koalition, die Sozialabgaben trotz Mehrausgaben und Einnahmeeinbrüchen auch 2021 bei höchstens 40 Prozent zu stabilisieren. Dafür werden Steuermittel aus dem Bundesetat an die Sozialkassen überwiesen. Die Kosten der "Sozialgarantie 2021" werden für 2020 mit 5,3 Milliarden Euro beziffert - für 2021 seien sie noch nicht bezifferbar. Eine Entlastung soll es auch bei den Stromkosten geben: Die Umlage zur Förderung der Erneuerbaren Energie soll durch Bundeszuschüsse im Jahr 2021 auf 6,5 Cent/Kilowattstunde gesenkt werden und im Jahr darauf auf sechs Cent sinken. Kosten: etwa elf Milliarden Euro.

- Im Steuerrecht gibt es Erleichterungen für Unternehmen, die ihnen zusätzliche Liquidität verschaffen. Der steuerliche Verlustrücktrag wird auf fünf Millionen oder zehn Millionen Euro bei Zusammenveranlagung erhöht. Die degressive Abschreibung für Abnutzung wird für bewegliche Wirtschaftsgüter für 2020 und 2021 mit 25 Prozent pro Jahr wieder eingeführt.

- Mit der Forderung nach einer Ausweitung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes auf zwei Jahre hatte die SPD zunächst keinen Erfolg. Im September soll es eine Regelung für das kommende Jahr geben. Für kleine und mittlere Unternehmen soll es eine Prämie von 2000 Euro geben, wenn sie die Zahl ihrer Auszubildenden trotz Virus-Krise nicht verringern.

- Für kleine und mittelständische Unternehmen werden Überbrückungshilfen im Volumen von bis zu 25 Milliarden Euro aufgelegt. Sie gelten branchenübergreifend, mit Besonderheiten für besonders betroffene Wirtschaftszweige wie etwa Hotel- und Gaststättengewerbe oder auch Reisebüros und Messebetriebe. Festgemacht werden sie an der Höhe des Umsatzeinbruchs.

- Lange gestritten wurde über Hilfen für Kommunen: Anders als von der SPD gefordert werden sie von ihren Altschulden nicht entlastet. Sie bekommen dennoch Hilfen in Milliardenhöhe: Der Bund übernimmt künftig drei Viertel statt derzeit knapp die Hälfte der Miet- und Heizkosten von Hartz-IV-Beziehern. Etwa vier Milliarden Euro sparen die Kommunen dadurch. Zudem will der Bund gemeinsam mit den Ländern den Gewerbesteuereinbruch der Kommunen ausgleichen, der auf 11,8 Milliarden Euro geschätzt wird. Den Bund würde das 5,9 Milliarden Euro kosten.

- Als Erfolg kann die SPD einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro verbuchen, dessen Kosten auf etwa 4,3 Milliarden Euro beziffert werden. Der Bonus wird mit dem Kinderfreibetrag bei der Steuererklärung verrechnet. Hartz-IV-Bezieher bekommen ihn zusätzlich zur Sozialhilfe ohne Abzüge. Für Alleinerziehende gibt es für 2020 und 2021 eine zusätzliche Steuerentlastung.

ZUKUNFTSPAKET

Die von der Koalition darunter genannten Maßnahmen machen für die nächsten Jahre über 50 Milliarden Euro des Gesamtpakets von 130 Milliarden Euro aus. Die steuerliche Forschungszulage wird erhöht. Ein großer Bereich ist der Punkt Mobilität:

- Bei der bestehenden Kaufprämie für Elektroautos verdoppelt der Bund seinen bisherigen Anteil auf 6000 Euro und nennt dies nun "Innovationsprämie" statt "Umweltprämie". "Die Prämie der Hersteller bleibt davon unberührt", heißt es in der Einigung - sie beteiligen sich bisher mit bis zu 3000 Euro an der Prämie. Mit der Ablehnung von Kaufprämien auch für Verbrennerautos setzten sich die Sozialdemokraten durch.

- Die Kfz-Steuer soll stärker an den Kohlendioxid-Emissionen ausgerichtet werden. Zudem wird ein Bonusprogramm für Zukunftsinvestitionen der Fahrzeughersteller und der Zulieferindustrie in Höhe von jeweils einer Milliarde Euro für die Jahre 2020 und 2021 aufgelegt. Weitere Milliarden fließen in den Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur für E-Autos und die Batteriezellenfertigung. Eingerechnet ist auch die bereits vereinbarte Kapitalerhöhung für die Deutsche Bahn von fünf Milliarden Euro. Auch die Umstellung auf moderne Flugzeuge soll mit einer Milliarde Euro gefördert werden.

- Für eine "Nationale Wasserstoffstrategie" werden sieben Milliarden Euro veranschlagt. Der Ausbau von Solar- und Windkraft wird forciert. Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm wird um eine Milliarde Euro aufgestockt.

Bayerische Motoren Werke AG

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Mercedes-Benz Group AG

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