Reuters

Autobranche macht gute Miene zum Konjunkturpaket

04.06.2020
um 11:37 Uhr

Hamburg (Reuters) - Die Konjunkturhilfen der Bundesregierung werden in der Autobranche überwiegend positiv aufgenommen.

Auch wenn es die von Herstellern und ihren Lieferanten erhoffte Neuauflage der Abwrackprämie für Verbrenner nicht geben wird, so überwogen am Donnerstag doch positive Reaktionen. Die Senkung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte könne die Pkw-Nachfrage ankurbeln, sagten Branchenvertreter. Gemischt fiel das Echo auf die Ankündigung aus, den staatlichen Anteil an der Förderung beim Kauf von Elektroautos auf 6000 Euro zu verdoppeln. Hier werde sich der Effekt im Grenzen halten, vermuten einige Experten.

Anleger senkten den Daumen: Aktien von Daimler, VW und BMW büßten teils kräftig ein, weil nicht auch Verbrenner gefördert werden.

"Wir begrüßen das Konjunkturpaket und die gesamtwirtschaftliche Wirkung für das Land", erklärte BMW-Chef Oliver Zipse. "Die beschlossenen Maßnahmen sind ein wertvoller Transformationsbeschleuniger, um noch mehr Kunden für nachhaltige Mobilität zu begeistern." Das Gesamtpaket könne in Deutschland für einen breiten wirtschaftlichen Stimulus sorgen.

"Die Mehrwertsteuer-Senkung um drei Prozent ist eine gute Sache, die den deutschen Autobauern genauso hilft wie den Importeuren", sagte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Wir brauchen den konjunkturellen Nachfrageschub und Autos sind dabei wichtig." Die Ersparnisse seien aber überschaubar. Um deutliche Kaufimpulse in den schwachen Automarkt auszulösen, hätte der Nachlass viel höher ausfallen müssen. Beim Kauf eines Neuwagens für 40.000 Euro etwa mache die Ersparnis lediglich etwas mehr als 1000 Euro aus, rechnete Dudenhöffer vor.

"VERLOCKUNGEN DER GIESSKANNENPOLITIK"

Autohandel und Werkstätten zeigten sich dagegen enttäuscht von dem Paket. "Damit wurde der krisengeschüttelten Automobilwirtschaft mit ihren 1,3 Millionen Beschäftigten ein Bärendienst erwiesen", erklärte der Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK). Wirtschaftlich sei dies nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der auf den Höfen und in den Büchern der Automobilhändler stehenden unverkauften Neuwagen im Wert von rund 15 Milliarden Euro, sagte Verbandspräsident Jürgen Karpinski. Die auf sechs Monate befristete Mehrwertsteuerabsenkung von 19 auf 16 Prozent könne dies nicht annähernd kompensieren. "Leider ist die ökonomische Vernunft vor dem Populismus und den Verlockungen der Gießkannenpolitik eingeknickt."

Während der Bundesverband E-Mobilität (BEM) die Förderung batteriegetriebener Wagen als positives Signal wertete und auch die stärkere Orientierung der Kfz-Steuer am CO2-Ausstoß lobte, kam von Dudenhöffer dazu auch Kritik. Die Prämie gebe den Elektroautos zwar kräftigen Schub. Allerdings profitiere davon nur ein kleiner Teil des Gesamtmarktes. Es fehle ein Anschub für den übrigen Markt - "und genau die 90 Prozent bewegen unsere Wirtschaft und unser Sozialprodukt", sagte Dudenhöffer und fügte hinzu: "Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein, es hilft ein bisschen." Dudenhöffer geht davon aus, dass die Kurzarbeit in der Automobilindustrie hoch bleiben wird und es danach zu Entlassungen kommt. "Es werden Entlassungswellen laufen." Der Markt in Europa sei zu schwach, damit die Hersteller ihre Werke auslasten könnten.

Die Umweltorganisation Greenpeace erklärte, der Verbrennungsmotor sei der große Verlierer des Konjunkturpakets. "Dem technologischen Auslaufmodell ist die politische Unterstützung abhanden gekommen", erklärte Klimaexperte Tobias Austrup. "Daran ändert auch die ökologisch unsinnige Aufstockung der Prämie für Hybrid-Fahrzeuge nichts." Nun müsse der Bundestag das ökologische Potenzial des Pakets retten und etwa den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen.