Reuters

Europas Anleger gehen vor EZB-Entscheid in Deckung

04.06.2020
um 12:02 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Europas Anleger haben vor der EZB-Entscheidung eine Verschnaufpause eingelegt.

Einige Investoren nahmen nach den kräftigen Kursgewinnen der vergangenen Tage Gewinne mit. Dax und EuroStoxx50 lagen am Donnerstagvormittag je etwa 0,9 Prozent im Minus bei 12.378 beziehungsweise 3241 Punkten. Seit Wochenauftakt haben die Kurse aber immer noch sieben Prozent zugelegt. "Diese Rally sucht ihresgleichen", sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung QC Partners. "Wir sehen grenzenlose Euphorie. Wenn die Börsenweisheit zutrifft, dass die Hausse in der Euphorie stirbt, dann hat diese Rally nur noch eine sehr kurze Lebensdauer."

Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets, hält es für möglich, dass die EZB mit moderateren Tönen eine Korrektur einleitet. "Zu hohe Aktienkurse und spekulative Exzesse sind den Notenbankern ohnehin ein Dorn im Auge." Volkswirte rechnen damit, dass die EZB ihr im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie aufgelegtes Notprogramm PEPP um weitere 500 Milliarden Euro aufstockt. Derzeit ist es auf 750 Milliarden Euro ausgelegt.

Der Euro gab im Vorfeld 0,3 Prozent auf 1,1193 Dollar nach, liegt damit aber immer noch in der Nähe seines höchsten Standes seit knapp drei Monaten. Sollte die EZB ihre Geldpolitik nicht so stark lockern wie erwartet, könnte das den Aufwärtstrend des Euro befeuern, sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen: Viele könnten das als Zeichen werten, dass sich die EZB weniger in der Pflicht als Krisenbekämpfer sehe, nun, da die EU dabei sei, einen großzügigen Wiederaufbaufonds auf den Weg zu bringen.

Unsicherheit über die weitere Förderpolitik der Opec drückte die Ölpreise. Die Nordseesorte Brent verbilligte sich um 1,9 Prozent 39,04 Dollar je Fass (je 159 Liter), US-Leichtöl WTI um 2,4 Prozent auf 36,38 Dollar. Auch die hohen US-Lagerbestände belasteten, sagte CMC-Markets-Stratege Michael McCarthy. Das Ringen der in der Opec+ zusammengeschlossenen Ölproduzenten um eine Ausweitung ihrer beispiellosen Förderkürzung gestaltet sich offenbar schwierig, unklar ist, ob eine für Donnerstag angedachte Online-Konferenz der Opec-Länder stattfindet. "Der Markt ist zu der Ansicht gekommen, dass es immer komplizierter wird, dieses Geschäft über die Bühne zu bringen", sagte Rohstoff-Experte Lachlan Shaw von der National Australia Bank.

ADIDAS WÄCHST IN CHINA WIEDER

Die Aktien der Autobauer Daimler, BMW und Volkswagen gaben bis zu 6,7 Prozent nach, auch die Papiere von Zulieferern wie Hella oder Continentalgehörten zu den Verlierern. Die große Koalition hat sich gegen die von der Industrie geforderte Kaufprämie von Diesel und Benziner entschieden. Stattdessen soll es mehr Zuschuss für Elektroautos geben.

Adidas-Anlegern gefällt das wieder anspringende China-Geschäft des Sportartikelherstellers. Die Aktien legten bis zu 1,9 Prozent zu. Vier Monate nach dem Coronavirus-Ausbruch in China wächst Adidas dort wieder. Dort strömten zwar weniger Kunden in die Läden, gaben aber mehr Geld aus.

Aktien des britischen Sportwagenbauers Aston Martin brachen um bis zu 14,5 Prozent ein. Der Hersteller streicht wegen der mauen Nachfrage bis zu 500 seiner 2500 Arbeitsplätze. Aston Martin belasten einbrechende Verkaufszahlen und der Stillstand der Produktion im Zuge der Coronavirus-Pandemie.