Reuters

Minister - Libanons Regierung vor dem Rückritt

10.08.2020
um 17:32 Uhr

- von Michael Georgy

Beirut/Berlin (Reuters) - Knapp eine Woche nach der Explosionskatastrophe in Beirut steht die libanesische Regierung nach Worten eines Ministers vor dem Rücktritt.

Ministerpräsident Hassan Diab werde den Schritt in Kürze bekanntgeben, sagte Gesundheitsminister Hamad Hasan am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Zuvor hatte mit Justizministerin Marie Claude Najm ein weiteres Kabinettsmitglied den Hut genommen. Einem Insider und Medienberichten zufolge wollte auch Finanzminister Ghazi Wazni - ein zentraler Gesprächspartner des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei den Verhandlungen über finanzielle Hilfen - in einer Kabinettssitzung seinen Rücktritt ankündigen. Diab hatte sich am Samstag für Neuwahlen ausgesprochen.

Am Sonntag war es den zweiten Abend in Folge zu gewalttätigen Protesten im Zentrum von Beirut gekommen. Dabei wurde immer wieder ein Rücktritt der Regierung gefordert. Umweltminister Damianos Kattar und Informationsministerin Manal Abdel Samad legten am Wochenende ihre Ämter nieder. Die neuen Demonstrationen sind die größten seit Oktober, als die Menschen auf den Straßen der Hauptstadt Korruption und Misswirtschaft anprangerten. Die schwere Explosion im Hafen von Beirut am vergangenen Dienstag hat die Wut in der Bevölkerung wieder angefacht: Viele Libanesen machen die Regierung und Behörden für das Unglück verantwortlich.

Bei der Katastrophe waren mindestens 163 Menschen getötet und mehr als 6000 verletzt worden. Weitere fünf Leichen seien mit Hilfe russischer und französischer Rettungskräfte geborgen worden, teilte die Armee nun mit. Nach bisherigen Erkenntnissen war hochexplosives Material jahrelang unsicher gelagert worden. Zahlreiche Staaten sagten am Sonntag Soforthilfen in Millionenhöhe zu. Auch Deutschland hat Unterstützung angekündigt. Am Mittwoch soll Außenminister Heiko Mass nach Beirut reisen. "Wir werden den Verantwortlichen sehr deutlich machen, dass wir bereit sind zu helfen, aber auch der Auffassung sind, dass dieses Land reformiert werden muss", sagte er im Deutschlandfunk.